Service Level Agreements und Key Performance Indicators im TFM
Technisches Facility Management: TFM » TFM-Strategie » Ausschreibung TTS » SLAs / KPIs

Service Level Agreements und Key Performance Indicators im TFM
In hochverfügbaren Produktionsumgebungen – wie einer Spezialmaschinenbau-Fabrik– ist die Technische Betriebsführung (TFM) dafür verantwortlich, dass alle gebäudetechnischen Anlagen und Infrastrukturen zuverlässig verfügbar sind. Service Level Agreements (SLAs) und Key Performance Indicators (KPIs) dienen hierbei als zentrale Führungsinstrumente: SLAs definieren vertraglich welche Leistungen mit welchen Qualitäts- und Verfügbarkeitsstandards zu erbringen sind und welche Maßnahmen bei Nichterfüllung greifen. KPIs sind messbare Kennzahlen, die die Erfüllung dieser SLAs sowie die Wirksamkeit des Managementsystems kontinuierlich überwachen. Sie werden in Einklang mit den Zielen von Managementnormen (z.B. ISO 9001 für Qualität, ISO 50001 für Energieeffizienz, ISO 27001 für Informationssicherheit, ISO 14001 für Umwelt) festgelegt, um eine objektive Leistungsmessung und stetige Verbesserung sicherzustellen.
SLAs und KPIs gewährleisten – gegliedert nach DIN 277-Gewerken – eine umfassende, messbare und rechtskonforme Grundlage für die Technische Betriebsführung. Sie stellen sicher, dass jede technische Komponente vom Fundament bis zur Maschine mit Zielwerten gesteuert wird, der Betrieb hochverfügbar und sicher bleibt, und dass der Auftraggeber seine Betreiberverantwortung trotz Delegation erfüllt. Die Integration in das Vertrags- und Qualitätsmanagement (ISO 9001) und in Energiewirtschafts- (ISO 50001), Sicherheits- (ISO 27001) und Umweltmanagementsysteme (ISO 14001) unterstreicht die wissenschaftliche Fundierung und Praktikabilität. So entsteht ein ausgewogenes SLA/KPI-System, das als belastbarer Vertragsanhang dienen kann und zugleich einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess im Sinne des Auftraggebers und Betreibers unterstützt.
- Betreiberverantwortung
- Steuerbarkeit
- Bonus
- Baukonstruktion
- Technische
- HLK
- Energieversorgung
- Kommunikations
- Brandschutztechnik
- Hebetechnik
- Produktions
- Außenanlagen
- Vertragsmanagement
Betreiberverantwortung und -pflichten
Gemäß deutschem Recht trägt der Eigentümer bzw. Betreiber einer Anlage umfassende Pflichten, um Gefahren für Menschen und Umwelt vorzubeugen. Diese Betreiberpflichten sind zahlreich in Gesetzen, Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften verankert – etwa im Arbeitsschutzgesetz (Pflichten gegenüber Mitarbeitern) und im Bundes-Immissionsschutzgesetz (Pflichten gegenüber der Umwelt). Zentral ist die allgemeine Verkehrssicherungspflicht, nach der alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen sind, um Dritte vor Schäden zu bewahren. Ein Betreiber kann seine Pflichten zwar an Fachfirmen delegieren, bleibt jedoch verantwortlich, wenn die Delegation nicht wirksam – d.h. schriftlich klar geregelt, an qualifizierte Empfänger und mit angemessener Kontrolle – erfolgt. Bei wirksamer Delegation kann die Verantwortung in Teilbereichen auf den Dienstleister übergehen, sodass der Eigentümer im Schadensfall entlastet ist (Exkulpation). Daher sind Organisation und Überwachung der Delegation essenziell. In der Praxis bedeutet dies, dass der Facility-Management-Dienstleister vertraglich bestimmte Betreiberpflichten übernimmt (z.B. Wartungspflichten, Prüfungen) und seinerseits Subunternehmer einbinden darf – allerdings muss der FM-Dienstleister diese ebenfalls sorgfältig auswählen und überwachen. SLAs in der Technischen Betriebsführung müssen folglich so formuliert sein, dass sie die Einhaltung aller gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen und Pflichten gewährleisten und eine wirksame Delegation nachweisbar unterstützen.
Steuerbarkeit durch den Auftraggeber
Für den Auftraggeber (Betreiber/Eigentümer) ist es entscheidend, die Leistungen des TFM-Dienstleisters transparent steuern und kontrollieren zu können. Daher werden SLAs SMART formuliert – spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und termingebunden – und die KPIs so gewählt, dass sie direkt vom Auftraggeber nachprüfbar sind (etwa über ein CAFM-System oder digitale Dashboards). Moderne TFM-Konzepte setzen auf Digitalisierung: Über IoT-Sensoren und vernetzte CAFM-Systeme (z.B. die Plattform fm-connect) werden Betriebsdaten in Echtzeit erfasst. So können etwa Energieverbrauch, Anlagenzustände und Fehlermeldungen fortlaufend überwacht werden. Durch diese Datenbasis lassen sich Leistungskennzahlen automatisiert ermitteln, Wartungsbedarfe frühzeitig erkennen und potenzielle Störungen prognostizieren. Der Auftraggeber erhält regelmäßige KPI-Reports (z.B. monatlich) und hat über ein vertraglich vereinbartes Berichtswesen Einblick in die Serviceerbringung. Wichtig ist dabei ein hanseatisch-sachlicher Stil in der Kommunikation: Die SLAs werden klar, nüchtern und ohne Ausschmückungen formuliert, fokussiert auf das Wesentliche. Dies spiegelt die norddeutsche Geschäftskultur wider und trägt zu einer professionellen, vertrauensvollen Zusammenarbeit bei.
Bonus-Malus-System
Die vereinbarten KPIs sind in ein moderates Bonus-Malus-System eingebettet, um eine leistungsgerechte Vergütung zu ermöglichen. „Moderat“ bedeutet, dass Boni und Malus in angemessenem Verhältnis zum Grundhonorar stehen (typisch z.B. ±5–10% des Jahresentgelts, um extreme finanzielle Ausschläge zu vermeiden). Erfüllt der Dienstleister definierte Zielwerte über den Erwartungen (z.B. bessere Verfügbarkeit oder schnellere Reaktionszeiten als gefordert), kann ein Bonus gewährt werden. Werden Mindestwerte unterschritten, greifen Malus-Regelungen, d.h. dem Dienstleister wird ein vereinbarter Betrag abgezogen. Dieses System schafft Anreize für hohe Servicequalität, bleibt aber maßvoll, um eine partnerschaftliche Atmosphäre zu erhalten. Die Eskalationswege sind ebenfalls klar definiert: Bei KPI-Verfehlungen informiert der Dienstleister umgehend den Auftraggeber und ergreift Korrekturmaßnahmen. Bei gravierenden oder wiederholten Verstößen wird eine Eskalation an die Geschäftsführung beider Parteien vorgesehen, verbunden mit gemeinsamen Ursachenanalysen und Verbesserungsplänen. Somit dient das Bonus-Malus-System weniger der Bestrafung, sondern der steuerbaren Vertragsführung: Der Auftraggeber kann durch die KPIs und die daraus abgeleiteten Bonifikationen/Mali den Dienstleister lenken und sicherstellen, dass der Fabrikbetrieb hochverfügbar bleibt.
Baukonstruktion und Gebäudehülle (DIN 277 Kategorie 3)
Die bauliche Anlage – Fundament, Tragwerk, Wände, Dach und Gebäudehülle – bildet die Grundlage für einen störungsfreien Betrieb der Fabrik. Hauptziel in diesem Gewerk ist die Sicherheit und Verfügbarkeit der baulichen Infrastruktur, damit es zu keiner ungeplanten Betriebsunterbrechung durch bauliche Mängel kommt. Betreiberpflichten in diesem Bereich umfassen die Verkehrssicherheit des Gebäudes (z.B. Standsicherheit, Brandschutz der Bausubstanz) und den Schutz vor externen Einwirkungen (Wetterschutz, Dichtigkeit der Hülle). Gesetzliche Vorgaben, etwa aus Landesbauordnungen, verlangen regelmäßige Prüfungen bestimmter Baukomponenten (z.B. Dachabdichtungen, Fassaden bei Hochhäusern) auf ihre Sicherheit. Gemäß VDI-Richtlinie 3810 und DIN 31051 sind regelmäßige Inspektionen der Baukonstruktion ein Bestandteil der Instandhaltungsstrategie, um Schäden frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Insbesondere Dächer und Tragwerke einer Fabrikhalle müssen turnusmäßig geprüft werden, da ein Ausfall (z.B. Dacheinsturz oder -undichtigkeit) gravierende Produktionsausfälle nach sich ziehen würde.
Zur Gewährleistung der Hochverfügbarkeit werden für die Baukonstruktion folgende SLAs/KPIs festgelegt (Tabelle 1):
Inspektionsquote Bauwerk: 100% – Messmethode: Alle vorgeschriebenen Bauzustandsinspektionen (z.B. jährliche Dach- und Tragwerksprüfungen gemäß Fachkonzept oder Bauordnung) sind fristgerecht durchgeführt. Nachweis über Prüfprotokolle; Monitoring im CAFM-System. Frequenz: gemäß Prüfplan (typisch jährlich); Bericht an Auftraggeber jährlich. Verantwortlich: TFM-Dienstleister (Bauingenieur/Prüfer), Beauftragung externer Sachverständiger falls erforderlich. Eskalation: Bei Fristüberschreitung oder festgestellten Kritikalitäten Sofortmeldung an Auftraggeber; Einleitung von Gegenmaßnahmen innerhalb 5 Werktagen.
Mängelbeseitigungszeit (Baukonstruktion): ≤ 4 Wochen für nicht-sicherheitskritische Mängel; innerh. 24 Stunden provisorische Sicherung bei sicherheitskritischen Defekten (z.B. Tragwerksschäden, große Leckagen) und ≤ 1 Woche endgültige Instandsetzung. Messmethode: Überwachung der Zeit von Mängelmeldung bis Abschluss der Instandsetzung im CAFM. Frequenz: kontinuierlich, Auswertung monatlich. Verantwortlich: TFM-Dienstleister (Bauleitung/Instandhaltungsteam). Eskalation: Bei Überschreitung der Fristen automatische Meldung an Contract Manager des Auftraggebers; ab >20% Fristüberschreitungen im Quartal Eskalation an Geschäftsleitung und mögliche Malus-Anwendung.
Gebäudehüllen-Verfügbarkeit: 99,9% – keine ungeplanten Nutzungsbeeinträchtigungen durch die Gebäudehülle. Messmethode: Summe der Ausfallzeiten, in denen z.B. wegen baulicher Schäden (Wassereinbruch, Einsturzgefahr) Produktionsbereiche gesperrt werden mussten, im Verhältnis zur Gesamtzeit. Frequenz: monatlich reportet, jährlich bilanziert. Verantwortlich: TFM-Dienstleister mit Berichtspflicht. Eskalation: Bei jedem Vorfall sofortige Meldung und Einleitung Notfallplan (Ersatzmaßnahmen, z.B. provisorische Abdichtung). Bei Verfügbarkeitskennzahl <99,9% pro Jahr Gespräch zur Ursachenanalyse; <99% signifikanter Malus und Bericht an Top-Management.
SLAs/KPIs für Baukonstruktion und Gebäudehülle (Zielwert, Messmethode, Frequenz, Verantwortlicher, Eskalationsweg).
SLA/KPI | Zielwert | Messmethode | Frequenz |
---|---|---|---|
Inspektionsquote Bauwerk | 100% fristgerecht | Prüfprotokolle, CAFM-Überwachung | gemäß Prüfplan (jährlich) |
Mängelbeseitigungszeit (Bau) | krit. <24h Sicherung,Endg. <1 Wo.nicht krit. <4 Wo. | Zeit v. Meldung bis Abschluss (CAFM) | kontinuierlich,monatl. Auswertung |
Mängelbeseitigungszeit (Bau) | ≥ 99,9% | Ausfallzeit durch bau-bedingte Sperrungen/ Gesamtzeit | monatl. Bericht,jährl. Bilanz |
(Legende: TFM-DL = Technischer FM-Dienstleister; AG = Auftraggeber)
Normative und fachliche Referenzen: Die obigen Anforderungen stützen sich auf Empfehlungen der VDI 3810 für einen sicheren und bedarfsgerechten Gebäudebetrieb. Insbesondere die Wahrnehmung der Betreiberpflichten und Verkehrssicherungspflichten für bauliche Anlagen ist essentiell. Die DIN 31051 (Instandhaltung – Begriffe und Maßnahmen) sowie DIN EN 13306 bilden dabei den Rahmen für Inspektions- und Instandsetzungsprozesse. Zudem fließen landesspezifische Vorschriften (z.B. Hamburgische Bauordnung, PrüfVO) ein, die Prüffristen für bestimmte Bauteile vorgeben. Die SLAs sind so gestaltet, dass der Betreiber im Sinne von § 823 BGB seiner Sorgfaltspflicht nachkommt, jedoch die praktische Durchführung wirksam an den Dienstleister delegiert ist – dieser muss z.B. durch 100%ige Prüfquote nachweisen, dass alle vorgeschriebenen Kontrollen erfüllt wurden.
Technische Gebäudeausrüstung (TGA) – Allgemein (DIN 277 Kategorie 4)
Die Technische Gebäudeausrüstung (TGA) umfasst alle technischen Anlagen im Gebäude, die für den Betrieb der Fabrik notwendig sind – von Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik über Sanitär und Elektrik bis zu Sicherheits- und Kommunikationssystemen. In einer hochverfügbaren Produktionsstätte hat die TGA besondere Bedeutung, da ihr Ausfall direkt Produktionsstillstände verursachen kann. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an Verfügbarkeit, Reaktionszeit und Wartungsqualität in diesem Bereich. Allgemein gilt es, die Betriebssicherheit der TGA-Anlagen sicherzustellen, wie von VDI 3810 gefordert. Zudem müssen Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit berücksichtigt werden, u.a. durch energieeffizienten Betrieb (ISO 50001) und umweltverträgliche Prozesse (ISO 14001).
Da die TGA sehr vielfältig ist, werden im Folgenden einzelne Gewerke der TGA separat betrachtet. Jedes TGA-Gewerk erhält spezifische SLAs/KPIs, wobei übergreifende Grundsätze gelten: 100% Einhaltung aller gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen (BetrSichV, DGUV-Vorschriften etc.) in jedem Gewerk, schnelle Störungsbehebung nach vereinbarten Kategorien, sowie vorbeugende Wartungspläne nach Herstellervorgaben. Die Messung erfolgt i.d.R. über ein zentrales CAFM-System, das Wartungs- und Störungsdaten erfasst. Der Auftraggeber behält so jederzeit den Überblick über den Leistungsstand der TGA.
Sanitärtechnik (Wasserversorgung und Entwässerung)
Dieses Gewerk umfasst Frisch- und Abwassersysteme, Pumpen, Armaturen sowie ggf. industrielle Kühl- und Prozesswasserversorgung. Verfügbarkeit der Wasserversorgung ist hier das zentrale Anliegen – insbesondere wenn Prozesswasser für Maschinen benötigt wird. Betreiberpflichten umfassen zudem die Trinkwasserhygiene (bei Trinkwasseranlagen) gemäß Trinkwasserverordnung und VDI 6023, sowie die Betriebssicherheit von Druckbehältern oder Pumpen (BetrSichV). Beispielsweise müssen Großanlagen zur Trinkwassererwärmung regelmäßig auf Legionellen untersucht werden (mind. einmal jährlich bzw. halbjährlich bei >400 Liter Speichern laut TrinkwV). Auch Abwasserhebeanlagen unterliegen Wartung, um Rückstau und Überflutung zu verhindern.
Wichtige SLAs/KPIs Sanitärtechnik:
Wasserversorgungsverfügbarkeit: ≥ 99,5% – Die Wasserversorgung (Druck, Durchfluss) für Produktion und Gebäude darf max. ~0,5% der Betriebszeit ungeplant unterbrochen sein. Messmethode: Aufzeichnung von Versorgungsunterbrechungen (z.B. Pumpenausfall) über Sensoren; Summierung der Ausfallminuten pro Monat. Frequenz: monatlich. Verantwortlich: TFM-DL (Sanitär-Fachkraft). Eskalation: Bei jeder Unterbrechung >15 Min. Sofortmeldung; bei Verfügbarkeit <99,5%/Monat Analyse durch TFM-Leitung und Bericht an Auftraggeber; bei <98%/Quartal Vertragsstrafen (Malus) möglich.
Reaktionszeit bei Rohrbruch/Leck: < 30 Min. bis zum Eintreffen einer Fachkraft (24/7 Bereitschaft). Messmethode: Einsatzprotokoll im Störfall (Zeit Meldung bis Eintreffzeit). Frequenz: pro Ereignis, ausgewertet quartalsweise (Durchschnitt). Verantwortlich: TFM-DL (Notdienst Sanitär). Eskalation: Bei Überschreiten der 30 Min. in >10% der Fälle im Quartal Gespräch mit Serviceleiter; systematischer Verzug >20% führt zu Malus und Bericht an Auftraggeber.
Trinkwasserhygiene-Compliance: 100% – Alle vorgeschriebenen Hygieneprüfungen (Legionellenprüfungen, Filterwechsel) fristgerecht durchgeführt. Messmethode: Prüfberichte, Laboranalysen im CAFM dokumentiert; Abgleich Soll-Termine vs. Ist. Frequenz: laufend, Bericht jährlich. Verantwortlich: TFM-DL (HSE-Manager/ Hygienebeauftragter). Eskalation: Bei Fristversäumnis sofort Meldung an Auftraggeber (wegen Gesundheitsrisiko); umgehende Nachholung. Malus bei jeder nicht rechtzeitigen Prüfung.
Entwässerung und Abwasser: Keine ungeplanten Rückstaus/Überflutungen – Messmethode: Vorkommnisse von Abwasserstörungen (z.B. Pumpenausfall) werden erfasst. Frequenz: Ereignisbasiert, im Jahresreport ausgewiesen. Verantwortlich: TFM-DL (Sanitär). Eskalation: Bei jedem Rückstau/Überflutung sofortiger Noteinsatz; nach Ereignis Ursachenanalyse. Wiederholtes Ereignis -> Eskalation an Geschäftsführung, Präventionsplan.
Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik (HLK)
Die HLK-Systeme gewährleisten ein geeignetes Klima für Produktion, Mitarbeiter und empfindliche Maschinen. In einer hochverfügbaren Fabrik sind stabile Temperatur- und Luftfeuchtigkeitswerte oft kritisch – z.B. um Präzisionsmaschinen vor Überhitzung zu schützen oder Produktqualitäten sicherzustellen. Zudem kann die Lüftung aus Arbeitsschutzgründen (Luftqualität) relevant sein. Betreiberpflichten umfassen hier u.a. die Anlagenüberwachung nach BetrSichV für z.B. Dampfkessel oder Druckbehälter in Heizungsanlagen, die Hygieneinspektionen von RLT-Anlagen gemäß VDI 6022 (z.B. jährliche Inspektion der Lüftungsanlagen auf Keime, Filterwechsel), sowie Emissionsprüfungen bei Heizkesseln (nach 1. BImSchV). Auch Kälteanlagen unterliegen Kontrollen, z.B. Dichtigkeitsprüfungen bei Kältemitteln nach EU-Verordnung.
SLAs/KPIs HLK:
Raumklima-Verfügbarkeit: ≥ 99% – Die HLK-Anlagen halten die definierten Klimaparameter im Produktionsbereich innerhalb vorgegebener Toleranzen (z.B. 20±2 °C, relative Feuchte <60%). Messmethode: Kontinuierliche Messung von Temperatur/Feuchte; Auswertung der Zeitanteile außerhalb der Toleranz. Frequenz: kontinuierlich, monatlicher KPI-Report. Verantwortlich: TFM-DL (HLK-Fachingenieur). Eskalation: Wenn monatlich <99%, Prüfung durch TFM-Leitung und Bericht; bei <95% in einem Monat sofortige Eskalation an Auftraggeber und ggf. Bonus-Malus-Mechanismus (Malus wenn Ziel jahresweit verfehlt).
Heizungs-/Kälteanlagen-Verfügbarkeit: ≥ 99,5% – z.B. Kessel, Kühlmaschinen betriebsfähig verfügbar. Messmethode: Summierte Nichtverfügbarkeitszeit der Hauptaggregate (außer planmäßige Abschaltung) im Verhältnis zur Soll-Betriebszeit; erfasst via BMS/CAFM-Störungsmeldungen. Frequenz: monatl. Bericht. Verantwortlich: TFM-DL (Heizungs-/Kältetechnik). Eskalation: Bei drohender Unterschreitung 99,5% frühzeitige Info an Auftraggeber; unter 99% p.a. Vertragsgespräch mit möglichen Strafzahlungen.
Wartungsquote HLK: 100% – Alle präventiven Wartungen gemäß Wartungsplan (Herstellerempfehlung, DIN 31051) termingerecht ausgeführt (z.B. Filterwechsel quartalsweise, Brennerwartung jährlich). Messmethode: Soll-Ist-Abgleich Wartungsplan vs. ausgeführte Wartungen im CAFM. Frequenz: monatlich kontrolliert, jährlich bilanziert. Verantwortlich: TFM-DL (Wartungsplaner HLK). Eskalation: Jede ausgelassene oder verspätete Wartung -> Meldung an Contract Manager; umgehende Nachholung. Systematische Planabweichung zieht Malus nach sich.
Störungsreaktionszeit (HLK): < 1 h bei kritischen Störungen (z.B. Klimaanlage Serverraum ausgefallen). Messmethode: Zeit von Störungsmeldung bis Techniker vor Ort, anhand Ticket-System. Frequenz: je Vorfall, aggregiert quartalsweise. Verantwortlich: TFM-DL (HLK-Notdienst). Eskalation: Überschreitung in >10% Fällen -> Service-Level Review mit Auftraggeber; anhaltende Probleme -> Eskalation & Vertragsstrafe.
Energieeffizienz KPI (HLK): Energy Usage Effectiveness (EUE) oder spezifischer Energieverbrauch – z.B. Heizenergieverbrauch pro m² Produktionsfläche ≤ X kWh/(m²·a), Kälteenergie pro Prozesskühlleistung ≤ Y kWh. Messmethode: Monitoring der Zählerdaten, Kennzahlberechnung nach ISO 50001-Vorgaben. Frequenz: monatliche Erfassung, jährliche Auditauswertung. Verantwortlich: TFM-DL (Energiemanager). Eskalation: Bei Überschreiten der Zielwerte Analyse und Optimierungsmaßnahmen einleiten (keine direkte Vertragsstrafe, eher kontinuierliche Verbesserung, Bonus möglich bei Unterschreitung um >5%).
Elektrische Energieversorgung und Beleuchtung
Die elektrische Anlage ist das Rückgrat der Fabrik – Stromausfälle können sofort Produktionsstillstände auslösen. Für Hochverfügbarkeit sind daher Netzstabilität, Redundanzen (USV, Notstromaggregate) und schnelle Entstörung wesentlich. Betreiberpflichten im Elektrobereich inkludieren die Einhaltung von Sicherheitsprüfungen (DGUV Vorschrift 3, ehemals BGV A3, fordert regelmäßige Prüfung ortsfester und ortsveränderlicher elektrischer Anlagen und Geräte), die Prüfung von Blitzschutzsystemen (nach VDE 0185) sowie die Überwachung von Notstromanlagen. Außerdem sind Schaltanlagen gemäß DIN VDE 0105-100 sicher zu betreiben, was geschultes Personal erfordert.
SLAs/KPIs Elektro:
Stromversorgungs-Verfügbarkeit: ≥ 99,99% – Das interne Stromnetz (inkl. Mittelspannung, Trafos, Unterverteilungen) steht praktisch ausfallsfrei zur Verfügung. Zulässige ungeplante Ausfallzeit max. ca. 50 Minuten/Jahr. Messmethode: Monitoring via Netzleittechnik; Erfassung jeder Spannungslosigkeit (Dauer/Umfang). Frequenz: kontinuierlich, Auswertung monatlich und jährlich. Verantwortlich: TFM-DL (Elektromeister). Eskalation: Bei jedem Ausfall >1 Min. unverzüglich Alarm an Bereitschaftsdienst und Auftraggeber; bei Jahresverfügbarkeit <99,99% Untersuchung durch gemeinsame Task Force; <99,9% im Jahr führt zu Malus (wegen erheblichen Betriebsrisikos).
Notstrom- und USV-Bereitschaft: 100% betriebsbereit – Notstromgeneratoren und USV-Anlagen müssen im Bedarfsfall ohne Fehlfunktion einspringen. Messmethode: Regelmäßige Probeläufe (z.B. monatlich automatischer Testlauf des Notgenerators unter Last für 10 Minuten, quartalsweise Simulation USV-Lastumschaltung). Dokumentation der Testergebnisse (Startzeit, Dauer bis Lastübernahme etc.). Frequenz: monatlich (Generator), quartalsweise (USV) – Bericht zusammenfassend vierteljährlich. Verantwortlich: TFM-DL (Elektriker/Elektroingenieur). Eskalation: Bei jedem negativen Testergebnis (Fehlstart, Batteriedefekt) Sofort-Instandsetzung; Meldung an Auftraggeber. Wenn Tests wiederholt fehlschlagen oder vergessen werden (0% im Quartal) -> hoher Malus wegen kritischer SLA-Verletzung.
Reaktionszeit Stromstörung: < 15 Min. bis zum Techniker vor Ort (24/7) bei Stromausfall oder kritischer Elektro-Störung. Messmethode: Einsatzprotokoll/BMS-Alarm Logs. Frequenz: je Ereignis, im KPI-Report quartalsweise. Verantwortlich: TFM-DL (Elektro-Notdienst). Eskalation: >15 Min. Eintreffzeit in einem Notfall -> sofortige Nachbesprechung; bei häufiger Überschreitung (>1 Vorfall pro Jahr) Vertragsstrafe und evtl. Wechsel des Bereitschaftsteams.
Prüfquote elektrische Anlagen/Geräte: 100% – Alle elektrischen Betriebsmittel gemäß DGUV V3 innerhalb der vorgeschriebenen Intervalle geprüft (meist jährlich für ortsveränderliche Geräte, 4-jährlich ortsfeste Anlagen, oder nach risk assessment). Messmethode: Prüfplan in CAFM, SOLL/IST Abgleich; Prüfsiegel und Protokolle. Frequenz: laufend, Bericht jährl. Verantwortlich: TFM-DL (Elektrofachkraft). Eskalation: Verpasste Prüfung -> sofort nachholen, Meldung an Auftraggeber (wegen Haftungsrisiko); systematischer Verzug zieht Malus nach sich.
Beleuchtungsverfügbarkeit: ≥ 98% Leuchten funktionsfähig – z.B. nicht mehr als 2% aller Lampen gleichzeitig defekt. Messmethode: regelmäßige Begehungen oder intelligentes Lichtmanagement melden Ausfälle; Prozentsatz defekter Leuchtmittel. Frequenz: monatliche Kontrolle. Verantwortlich: TFM-DL (Elektriker). Eskalation: Bei Übersteigen der 2%-Quote -> Beschleunigung Lampenwechsel (innerh. 5 WT), Meldung im Monatsbericht. Keine direkte Vertragsstrafe, aber Qualitätskennzahl im Bonus-Malus (Bonus bei dauerhaft >99% funktionierenden Leuchten).
Kommunikations- und IT-Infrastruktur
In modernen Fabriken sind Kommunikationsnetze und IT-Systeme integraler Bestandteil der Technik: Produktionsanlagen sind oft mit IT verknüpft (Stichwort Industrie 4.0), Gebäudeleittechnik läuft über Netzwerke, und der FM-Dienstleister nutzt ggf. eigene IT-Systeme (CAFM, Sensorik). Hochverfügbarkeit bedeutet hier v.a. Netzwerkverfügbarkeit und Datensicherheit. Betreiber und Dienstleister müssen nach ISO 27001 sicherstellen, dass alle Informationen und Systeme geschützt sind – inklusive Zugangsberechtigungen, Firewall, regelmäßige Updates. ISO 27001 fordert KPIs zur Wirksamkeitsprüfung des Informationssicherheits-Managements, z.B. Anzahl von Security-Incidents, Patch-Zeiten etc. Zudem sind Telefonanlagen, Notrufsysteme (z.B. Aufzugnotruf) und ggf. Produktions-IT (Schnittstelle zwischen OT und IT) zu betreuen.
Mögliche SLAs/KPIs Kommunikation/IT:
Netzwerkverfügbarkeit (LAN/WLAN Fabrik & BMS): ≥ 99,9% – Kernnetzwerk und Verbindungen der kritischen Systeme (Produktionssteuerung, Gebäudeautomation) verfügbar. Messmethode: Netzwerk-Monitoring (Ping-Verfügbarkeiten, Downtime loggen). Frequenz: kontinuierlich, Bericht monatl. Verantwortlich: IT-Dienstleister oder TFM-DL (Netzwerkadmin) – je nach Vertrag. Eskalation: Bei Ausfall > 5 Minuten in kritischen Segmenten sofortiger Incident-Report; <99,9%/Monat -> Analyse durch IT-Sicherheitsteam; <99%/Quartal -> Eskalation an CIO/Management, ggf. Malus.
Daten-/Systemsicherheit: 0 kritische Sicherheitsvorfälle (z.B. erfolgreiche Cyberangriffe auf TFM-Systeme) pro Jahr. Messmethode: ISMS-Report, Vorfallsstatistik. Frequenz: laufend, jährliche Bewertung. Verantwortlich: TFM-DL in Zusammenarbeit mit Auftraggeber-IT (CISO). Eskalation: Jeder Sicherheitsvorfall -> Notfallprozess gemäß ISO 27001, Meldung an Unternehmensleitung; nach Behebung Review und Maßnahmen (keine direkte Vertragsstrafe wegen Incident, außer bei grober Fahrlässigkeit des Dienstleisters).
Patch-Management KPI: ≤ 14 Tage – maximale Zeit zur Installation sicherheitsrelevanter Updates auf FM-Systemen (z.B. Gebäudeleitsystem, Server) nach Freigabe. Messmethode: Ticket-System für Updates, gemessen vom Release/Herstellerinfo bis Deployment abgeschlossen. Frequenz: je Update-Zyklus, Audit vierteljährlich. Verantwortlich: TFM-DL (IT-Admin). Eskalation: Überschreitung -> Verwarnung; wiederholt -> Gespräch mit IT-Leitung Auftraggeber; anhaltend -> evtl. Vertragskündigungsrecht, da Sicherheitsrisiko.
CAFM-Datenqualität: ≥ 99% Datenaktualität – Alle Anlagen, Wartungen, Störungen sind vollständig und korrekt im CAFM-System erfasst. Messmethode: Stichproben-Audits der CAFM-Daten, Plausibilitätschecks (z.B. keine fehlenden Pflichtfelder, zeitnahe Einträge innerhalb 24–48h nach Einsatz). Frequenz: laufend, quartalsweiser Auditbericht. Verantwortlich: TFM-DL (CAFM-Manager). Eskalation: Bei Datenlücken >1% Aufforderung zur Korrektur binnen 1 Monat; falls Datenmängel fortbestehen -> Malus (verminderte Transparenz gilt als Vertragsverletzung).
Sicherheits- und Brandschutztechnik
Unter diese Kategorie fallen Brandmeldeanlagen (BMA), Löschanlagen (z.B. Sprinkler, Gaslöschanlagen), Rauchabzugsanlagen, Notbeleuchtung, aber auch Zutrittskontroll- und Videoüberwachungssysteme. Diese Anlagen sind teils sicherheitskritisch mit gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen: z.B. verlangt die Muster-Prüfverordnung bzw. Landesbauordnung jährliche Prüfungen von Brandmelde- und Sprinkleranlagen durch Sachverständige. Die Betreiberpflicht erstreckt sich hier direkt auf den Schutz von Leben und Sachwerten – Versäumnisse können haftungsrechtliche Konsequenzen haben. Daher ist vollständige Compliance und sofortige Reaktion bei Alarmen essenziell.
SLAs/KPIs Sicherheits-/Brandschutztechnik:
BMA-Verfügbarkeit: 100% – die Brandmeldeanlage muss jederzeit funktionsbereit sein (keine Abschaltungen außerhalb von Wartungsfenstern). Messmethode: Zustandsüberwachung via Leitstelle; Ausfallzeiten (z.B. BMA gestört) werden summiert. Frequenz: kontinuierlich, monatlicher Report (sollte 0 Min. Ausfall zeigen). Verantwortlich: TFM-DL oder externer Facherrichter (je nach Vertrag). Eskalation: Jede Störung der BMA > 5 Minuten -> sofort Techniker alarmieren; parallele Meldung an Auftraggeber. Bei ungeplanter BMA-Abschaltung >1 Stunde behält sich Auftraggeber Vertragsstrafe vor, da Lebensschutz gefährdet.
Wartungs- und Prüfquote Brandschutz: 100% fristgerecht – Alle vorgeschriebenen Prüfungen/Wartungen durchgeführt: z.B. monatliche Funktionskontrollen, vierteljährliche Tests (Handfeuermelder, Sirenen), jährliche Wartung durch Fachfirma, alle 3 Jahre Sachverständigen-Prüfung (je nach Vorschrift). Messmethode: Wartungsplan vs. Ist im CAFM; Prüfprotokolle. Frequenz: laufend, Bericht jährlich. Verantwortlich: TFM-DL (Brandschutzbeauftragter) mit externen Dienstleistern. Eskalation: Versäumte Prüfung -> sofort Nachholung, Meldung an Betreiber; ggf. Behördliche Auflagen, daher Malus pro verpasster Prüfung (hoch, z.B. 500 € each) um dies zu verhindern.
Alarmreaktionszeit (Brandschutz): ≤ 5 Min. – Zeit bis Sicherheitsdienst/Feuerwehr nach BMA-Alarm informiert wird (automatisch meist sofort, manuell falls notwendig innerhalb 5 Min.). Messmethode: Protokoll der Leitstelle, Auswertung der Alarmkette. Frequenz: je Alarm, Analyse jährlich. Verantwortlich: TFM-DL (Sicherheitszentrale) bzw. Alarmempfangsstelle. Eskalation: Verzögerungen >5 Min. können lebengefährlich sein: sofortige Untersuchung der Ursache (Systemfehler oder Person); einmalige Verzögerung -> Abmahnung Dienstleister; erneut -> Vertragskündigung möglich.
Zutrittskontrolle & Video-Funktion: ≥ 99% Verfügbarkeit der sicherheitstechnischen Systeme (Zutrittsleser, Kameras, Einbruchmelder). Messmethode: Systemausfälle werden vom Security-System gemeldet; prozentuale Verfügbarkeitszeit. Frequenz: monatl. Bericht. Verantwortlich: TFM-DL (Sicherheitstechnik) oder spez. Sicherheitsfirma. Eskalation: Bei Verfügbarkeit <99% in einem Monat: Ursachenanalyse, Bericht; chronischer Wert <95% -> Malus und ggf. Wechsel des Servicepartners.
Notfallbeleuchtung Funktionsquote: 100% – alle Notleuchten intakt (Pflicht zur regelmäßigen Selbsttest-Auswertung). Messmethode: Automatische Testprotokolle der Notlichtanlage; manuelle Sichtprüfungen. Frequenz: monatlich (autom. Tests), jährl. Inspektion. Verantwortlich: TFM-DL (Elektro/Sicherheit). Eskalation: Jede defekte Notleuchte -> binnen 24h Tausch; falls bei Inspektion >0% Ausfall entdeckt => sofort beheben, Meldung an Betreiber. (Behördenauflagen, daher hoher Malus pro nicht behobener Notleuchte nach 24h).
Normen und Vorschriften: In diesem Gewerk sind v.a. DIN 14675 (Brandmeldeanlagen Planung, Einbau, Betrieb), VdS 2095 (Sprinklerbetrieb) relevant, sowie die jeweilige Landesbauordnung/Prüfverordnung für Prüffristen. Auch die Betriebssicherheitsverordnung greift bei z.B. Druckbehältern in Löschanlagen. Die lückenlose Prüfquote erfüllt die vom Gesetzgeber geforderte fristgerechte Prüfung sicherheitsrelevanter Anlagen. Durch 100% Verfügbarkeit der BMA und Notbeleuchtung wird dem Personenschutz höchste Priorität eingeräumt. Die KPIs sind so gewählt, dass sie vom Auftraggeber einfach nachprüfbar sind (z.B. Einsicht in Prüfprotokolle, Alarmberichte). Bei sicherheitsrelevanten SLA-Verletzungen besteht ein unmittelbarer Eskalationsweg bis hin zur Geschäftsführung, da hier keine Toleranz besteht.
Förder- und Hebetechnik (Aufzüge, Kräne)
Sollte die Fabrik Aufzugsanlagen (etwa Personen- oder Lastenaufzüge) beinhalten oder Krananlagen in Produktionsbereichen (Laufkrane, Hebezeuge), sind auch diese Anlagen hochverfügbar zu halten. Betreiberpflichten: Aufzüge gelten als überwachungsbedürftige Anlagen nach BetrSichV – d.h. es sind wiederkehrende Prüfungen durch Zugelassene Überwachungsstellen (TÜV o.ä.) im 2-Jahres-Intervall vorgeschrieben, plus Zwischenprüfungen nach 1 Jahr. Ferner muss ein Notfallplan zur Befreiung eingeschlossener Personen vorhanden sein (Aufzugswärter, 24h-Notdienst mit max. 30 Min. Befreiungszeit). Krananlagen unterliegen den UVV-Prüfungen (jährlich durch Sachkundige nach DGUV Vorschrift 52/54).
SLAs/KPIs Fördertechnik:
Aufzugsverfügbarkeit: ≥ 99% – Aufzüge einsatzbereit verfügbar (max. ~87 h Stillstand/Jahr, meist geringer). Messmethode: Aufzugssteuerung meldet Störungen; Summierung Ausfallzeit. Frequenz: monatl. Auswertung. Verantwortlich: TFM-DL oder Aufzugsfachfirma. Eskalation: Bei Ausfall >2 Std. Meldung an FM-Leitung; bei >1% Ausfall im Jahr (über 87 h) – Nachverhandlung Wartungsvertrag oder Bonus-Malus (Malus) greift.
Personenbefreiungszeit im Aufzug: < 30 Min. – Eingeschlossene Personen werden innerhalb 30 Minuten befreit (gesetzliche Anforderung). Messmethode: Probealarme/Stop-Fahrten und Realfälle, Zeitmessung vom Notruf bis Türöffnung. Frequenz: jährlich Übung, im Ereignisfall dokumentiert. Verantwortlich: TFM-DL mit Aufzug-Notdienst. Eskalation: Überschreitung 30 Min -> erheblicher Vertragsverstoß: sofortige Ursachenanalyse (z.B. Notdienstversagen), ggf. Wechsel des Notdienstleisters; Behördenmeldung falls erforderlich.
Prüfquote Aufzüge/Krane: 100% – Alle gesetzlichen Prüfungen fristgerecht (Haupt- und Zwischenprüfungen Aufzug alle 2 bzw.1 Jahr; UVV Kran jährlich). Messmethode: Prüfnachweise im CAFM. Verantwortlich: TFM-DL (Aufzugsbeauftragter) mit TÜV/Sachkundigen. Eskalation: Frist versäumt -> unverzüglich Prüf. nachholen, Selbstanzeige ggf. nötig; Vertragsstrafe für jede versäumte Prüfung; Wiederholung -> Kündigungsrecht.
Reparaturdauer Kran/Aufzug (MTTR): ≤ 24 h – nach Ausfall. Messmethode: Zeit von Ausfallmeldung bis Wiederinbetriebnahme (CAFM-Ticket). Frequenz: je Störung, Statistik jährlich. Verantwortlich: TFM-DL / Servicefirma. Eskalation: >24 h Ausfall -> Ersatzmaßnahmen prüfen (Ersatzgerät mieten etc.), Meldung an Produktion; bei MTTR >24h im Jahresmittel -> Malus.
Produktions- und Spezialanlagen (Nutzungsspezifische Anlagen)
Neben der gebäudegebundenen TGA gibt es in einer Spezialmaschinenbau-Fabrik zahlreiche produktionstechnische Anlagen (Maschinen, Fertigungslinien, Prüfstände), die oft kundenindividuell sind. Obwohl die Wartung solcher Anlagen häufig vom Produktionstechnik-Team übernommen wird, kann die Technische Betriebsführung vertraglich auch dafür (ganz oder teilweise) verantwortlich sein – z.B. im Rahmen eines Total Productive Maintenance-Ansatzes. Hochverfügbarkeit bedeutet hier maximaler Anlagen-Output und minimale Stillstandszeiten. KPIs orientieren sich an industriellen Kennzahlen wie Anlagenverfügbarkeit, Mean Time Between Failures (MTBF), Mean Time To Repair (MTTR) und ggf. Overall Equipment Effectiveness (OEE). Wichtig ist, dass die Schnittstelle zwischen allgemeinem FM und Produktionsinstandhaltung klar definiert ist (Abgrenzung wer für welche Komponenten zuständig ist).
Beispielhafte SLAs/KPIs Produktionsanlagen:
Anlagenverfügbarkeit (Produktion): ≥ 98% pro Anlage – Jede kritische Maschine soll mindestens 98% der geplanten Betriebszeit verfügbar sein (ungeplanter Stillstand ≤ 2%). Messmethode: Produktionsleitsystem erfasst Betriebsbereitschaft vs. Stillstand; Berechnung pro Anlage und als Durchschnitt. Frequenz: täglich (für Shopfloor), Bericht monatlich/trendbasiert. Verantwortlich: TFM-DL (Instandhaltungsingenieur) in Koordination mit Produktionsleitung. Eskalation: Bei Unterschreitung für eine Anlage in einem Monat -> Analysemeeting (FM + Produktion); dauerhaft <98% über Quartal -> Malus für FM-Teil, außer Ursachen klar außerhalb FM-Verantwortung (z.B. Bedienfehler, Materialmangel).
MTBF / MTTR: MTBF steigern, MTTR minimieren – Zielwerte z.B. MTBF > 200 Betriebsstunden, MTTR < 4 Stunden bei kritischen Anlagen. Messmethode: Störungsdatenbank, Auswertung Zeit zwischen Ausfällen (MTBF) und Reparaturdauer (MTTR). Frequenz: rollierend berechnet, Report quartalsweise. Verantwortlich: TFM-DL (Maintenance Manager). Eskalation: Wenn MTTR > Ziel: Review der Ersatzteilversorgung und Personalplanung; falls keine Verbesserung -> Bonus-Malus (Malus bei Überschreitung um >20%). Positiv: Bonus wenn MTBF deutlich über Plan (z.B. durch präventive Maßnahmen erhöht).
Wartungsplan-Erfüllungsgrad (Produktion): 100% präventive Wartungen im Plan erfüllt. Messmethode: Soll/Ist Abgleich der durchgeführten Wartungsarbeiten an Produktionsmaschinen gemäß Intervall. Frequenz: monatlich. Verantwortlich: TFM-DL (Produktionsinstandhaltung). Eskalation: Bei Ausfall einer geplanten Wartung -> sofort nachholen; KPI <100% in Monat => Abmahnung; wiederholt => Malus, da Unterlassung zu Folgeschäden führen kann.
Qualitätskennzahl Instandsetzung: z.B. First-Time-Fix Rate ≥ 90% – Anteil der Störungen, die beim ersten Reparaturversuch vollständig behoben wurden (ohne Wiederholungswerkstatt). Messmethode: Störungsprotokolle, Zählung wie oft zweite Eingriffe nötig. Frequenz: laufend, im Monatsbericht. Verantwortlich: TFM-DL (Werkstattmeister). Eskalation: Rate <90% -> Schulungsbedarf prüfen; keine direkte Vertragsstrafe, aber Indikator im Qualitätsaudit (kann Bonus/Malus beeinflussen, Bonus bei >95%).
Anmerkung: Die Produktionstechnik wird in DIN-Kostengliederungen oft nicht zu KG400 (TGA) gezählt, sondern als nutzungsspezifische Anlagen (teils KG 470 oder 600 ff.). Die obigen KPIs verbinden jedoch die Methodik der TFM-SLAs mit der produktionsnahen Instandhaltung. Sie orientieren sich auch an TPM-Grundsätzen und ISO 9001 (Prozessqualität, kontinuierliche Verbesserung). Voraussetzung für die Verankerung dieser SLAs im FM-Vertrag ist, dass Verantwortlichkeiten eindeutig delegiert sind und der FM-Dienstleister Zugriff auf Anlageninformationen hat. Im Fachkonzept wurde hierzu eine Schnittstellenbeschreibung vorgesehen (Querverweis: Fachkonzept Kap. X.Y Instandhaltung Produktion). Vertragsanhänge sollten klar festhalten, für welche Maschinen der Dienstleister Wartung/Reparatur übernimmt und wie die Zusammenarbeit mit dem internen Produktionspersonal geregelt ist.
Außenanlagen und Infrastruktur (DIN 277 Kategorie 5)
Die Außenanlagen einer Fabrik – Parkplätze, Zufahrtswege, Ladehöfe, Grünflächen, Außenbeleuchtung, Zaun- und Torsysteme sowie ggf. eigene Infrastrukturleitungen (Werkskanalisation, Werksstraße) – fallen ebenfalls unter die Technische Betriebsführung, soweit sie für den sicheren Betrieb relevant sind. Wichtigste Aspekte sind hier die Verkehrssicherheit (keine Unfallgefahren auf Wegen/Gelände), Zuverlässigkeit der Versorgungsinfrastruktur (etwa werksinterne Ver- und Entsorgungsleitungen) und Witterungsmanagement (Winterdienst, Regenwassermanagement). Rechtlich ist vor allem die bereits erwähnte Verkehrssicherungspflicht zentral: Der Betreiber muss z.B. bei Schnee und Eis räumen/streuen (Winterdienst nach kommunalen Satzungen), Gefahrenstellen absichern und Beleuchtung auf dem Gelände gewährleisten, um Unfälle zu verhindern. Verstöße können Haftungsansprüche nach sich ziehen. Außerdem greifen Umweltauflagen (z.B. keine Kontamination des Bodens/Wassers – relevant bei Lagerung von Chemikalien auf dem Hof, Einhaltung von Grenzwerten bei Abwasser in eigene Kanäle etc.).
SLAs/KPIs Außenanlagen:
Wege- und Flächensicherheit: Keine Unfälle durch Infrastrukturmängel – Indikator: 0 gemeldete Unfälle oder Beinahe-Unfälle pro Jahr aufgrund mangelnder Wege/Infrastrukturpflege. Messmethode: HSE-Unfallstatistik aus Arbeitssicherheit; Meldungen von Mitarbeitern. Frequenz: laufend, Jahresbericht. Verantwortlich: TFM-DL (Außenanlagen-Verantwortlicher) gemeinsam mit HSE-Abt. Eskalation: Bei Unfallereignis sofortiges Reporting gem. ArbSchG; Analyse der Ursache (z.B. Loch im Weg, Glatteis) und umgehende Behebung. Auftraggeber informiert; schwerer Vorfall -> Vertragsüberprüfung.
Winterdienst-Reaktionszeit: Räumung/ Streuung innerhalb 2 Stunden nach Schneefall-Beginn bzw. Eisbildung. Messmethode: Protokoll der Winterdienst-Einsätze (Uhrzeit Schneebeginn vs. Beginn Räumung). Frequenz: pro Ereignis, Auswertung saisonal. Verantwortlich: TFM-DL oder Subunternehmer Winterdienst. Eskalation: Überschreitung -> unmittelbare Abmahnung Dienstleister; Wiederholung -> evtl. Vertragswechsel. (Malus: z.B. Abzug pro verspätetem Einsatz, da hier Haftungsrisiko hoch.)
Außenbeleuchtung Funktionsrate: ≥ 95% der Beleuchtungseinrichtungen außen funktionsfähig. Messmethode: nächtliche Kontrollfahrten / intelligentes Lichtsystem melden Ausfälle; % defekter Leuchten. Frequenz: monatlich. Verantwortlich: TFM-DL. Eskalation: <95% -> Instandsetzung binnen 5 Werktage; Bericht an Auftraggeber im Monatsreport. Bonus bei 100% über längere Zeit.
Zustand Außenflächen (Sauberkeit/Ordnung): ≥ Note 2 (gut) bei Begehungen – qualitative KPI: regelmäßige Objektbegehungen bewerten Sauberkeit, Markierungen, Beschilderung, Grünzustand etc. nach definiertem Schema. Messmethode: Checklistenbewertung (Schulnote oder Punktwert). Frequenz: quartalsweise Rundgang mit Auftraggeber-Vertreter. Verantwortlich: TFM-DL (Außenanlagen). Eskalation: Note schlechter als 3 -> Maßnahmenplan vereinbaren; anhaltend mangelhaft -> evtl. Dienstleisterwechsel (kein direkter Malus da teils subjektiv, aber Gesamtperformance-Indicator).
Infrastrukturverfügbarkeit: ≥ 99% – falls eigene Versorgungsinfrastruktur (z.B. Werkskläranlage, Werkswasser, Druckluftstationen außerh. Gebäude): Verfügbarkeit analog TGA. Messmethode: je nach Anlage (z.B. Druck in Werkswasserleitung, Verfügbarkeit Kompressorstation). Verantwortlich: TFM-DL (Infrastruktur-Betreiber). Eskalation: analog TGA (Störungsmeldung, Malus bei Zielverfehlung).
Rechtliche Grundlagen und Verweise: Die Verkehrssicherungspflicht für Außenbereiche ergibt sich aus § 823 BGB und Unfallverhütungsvorschriften – im FM ist typischerweise der Facility Manager dafür verantwortlich, diese Pflichten konkret umzusetzen. Beispiele: Freihalten von Fluchtwegen (ArbStättV), Winterdienst (kommunale Pflicht), Kontrolle der Außenbeleuchtung (Vermeidung von Unfällen). Die SLAs sind so gestaltet, dass sie diese Pflichten messbar machen (z.B. Winterdienstzeiten). Umweltaspekte (ISO 14001) werden berücksichtigt, indem z.B. Sauberkeit und ordnungsgemäße Entsorgung gewährleistet werden; bei Infrastruktur (Abwasser) wären Einleitparameter einzuhalten (hier könnte ein KPI wie "Einhaltung Grenzwerte: 100%" ergänzt werden, falls relevant). Bonus-Malus greift hier moderat, da viele Aspekte (Sauberkeit) auch qualitativ sind – der Fokus liegt auf Transparenz gegenüber dem Auftraggeber (etwa durch gemeinsame Begehungen und Protokolle).
Vertragsmanagement, Reporting und Bonus-Malus-Integration
Abschließend ist sicherzustellen, dass alle genannten SLAs/KPIs in ein schlüssiges Vertrags- und Steuerungsmodell eingebettet sind. Der Vertrag enthält die KPI-Definitionen in einem Anhang (Leistungskennzahlenkatalog) mit klarer Zielvorgabe, Toleranz, Messverfahren und Konsequenzen bei Abweichung. Wichtig ist, dass die KPIs innerhalb des Einflussbereichs des Dienstleisters liegen und steuerbar sind – d.h. der Dienstleister hat die Möglichkeit, durch gute Leistung die Kennzahlen zu erreichen, und der Auftraggeber kann durch Forderung von Berichten und Gesprächen bei Abweichungen steuernd eingreifen.
Ein regelmäßiges Reporting (z.B. monatlicher Leistungsbericht, quartalsweises Review-Meeting) ist verankert, in dem die KPI-Ergebnisse präsentiert und bei Bedarf Maßnahmen diskutiert werden. Dieses Berichtswesen knüpft an das Qualitätsmanagement nach ISO 9001 an, das eine Überwachung und Bewertung der Leistungsprozesse verlangt. So wird auch die hohe Informationsqualität aus dem Fachkonzept sichergestellt (Stichwort: aktuelle und vollständige Dokumentation aller Leistungen im CAFM).
Das Bonus-Malus-System wird in einem eigenen Abschnitt des Vertrags beschrieben. Es ist moderat ausgestaltet, um eine faire Risikoverteilung zu gewährleisten: Kleine KPI-Unterschreitungen führen zunächst zu Gesprächen und ggf. Auflagen zur Leistungsverbesserung (Eskalationsstufe 1), bevor finanzielle Malus greifen. Beispielsweise könnte vereinbart sein, dass am Jahresende eine Bonuszahlung von 2% der Jahressumme erfolgt, wenn alle Haupt-KPIs erfüllt oder übertroffen wurden, während bei Verfehlen einzelner Kern-SLAs (z.B. Stromverfügbarkeit unter Schwellenwert) ein Malus von 1% pro Vorfall eintritt, gedeckelt auf z.B. 5% p.a. Der Bonus-Malus-Mechanismus wird automatisch durch das KPI-Monitoring gespeist, aber immer in einem gemeinsamen Gremium besprochen, um Streitfälle zu vermeiden. „Hanseatisch-sachlich“ bedeutet hierbei auch, dass beide Seiten pragmatisch auf die KPI-Ergebnisse schauen: Ziel ist die kontinuierliche Verbesserung und Verlässlichkeit, nicht das Maximieren von Strafzahlungen.
Eskalationswege sind klar definiert: Stufe 1 bei KPI-Abweichungen ist die Information des operativen Ansprechpartners des Auftraggebers durch den Dienstleister (z.B. per Mail oder im Monatsreport). Stufe 2: Bei kritischen oder wiederholten Verstößen erfolgt die Meldung an den Vertrags- und Qualitätsmanager des Auftraggebers und ein außerplanmäßiges Meeting. Stufe 3: Bei gravierenden Problemen (Gefährdung von Personen, massive Dienstleistungsmängel) unmittelbare Eskalation an die Geschäftsführung des Auftraggebers, ggf. mit Einschaltung externer Auditoren oder Kündigungsandrohung. Diese Eskalationsstufen sind in Einklang mit dem Prinzip der wirksamen Delegation gestaltet – der Auftraggeber behält letztlich die Oberaufsicht und kann im Notfall eingreifen, um seinen gesetzlichen Pflichten nachzukommen, auch wenn der operative Betrieb outgesourct ist.