Bau / Instandhaltung: Grundsätze der Erschließung der TGA Die Erschließung der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) ist ein zentrales Element jeder baulichen Planung und Ausführung. Ob Heizung, Lüftung, Sanitär, Elektro, IT oder Sicherheitstechnik – die Art und Weise, wie diese Systeme raumstrukturell, zugangstechnisch und baulich erschlossen werden, entscheidet über die Wirtschaftlichkeit, Sicherheit, Wartbarkeit und Zukunftsfähigkeit eines Gebäudes. Ein mangelhafter Erschließungsansatz führt im späteren Betrieb zu erhöhtem Aufwand, Zugänglichkeitsproblemen, Sicherheitsrisiken, erhöhten Instandhaltungskosten oder sogar zu Nichtverfügbarkeit betriebsrelevanter Anlagen. Daher ist eine erschließungsgerechte Planung der TGA keine technische Randbedingung, sondern ein grundsätzlicher Qualitätsmaßstab im Bauwesen. Sie muss in allen Leistungsphasen berücksichtigt, auf spätere Instandhaltungsprozesse ausgerichtet und interdisziplinär abgestimmt werden. Nur wenn Betrieb, Wartung, Umbau und Rückbau mitgedacht werden, wird aus einem Baukörper eine langfristig funktionierende Immobilie.
Die Zukunft liegt in integrierten Planungsansätzen, die BIM-gestützt, gewerkeübergreifend, wartungsoptimiert und dokumentationsfähig angelegt sind. Für Betreiber und Facility Manager wird die Mitwirkung bei der Planung zur Pflicht – und die Erschließung zur Verbindung zwischen Technikvision und betrieblicher Realität.
Zielsetzung der TGA-Erschließung Erschließung der TGA im Facility Management Funktionssichere Versorgung und Entsorgung aller angeschlossenen Bereiche
Geordnete Leitungsführung unter Berücksichtigung technischer, normativer und brandschutztechnischer Vorgaben
Zugänglichkeit und Wartbarkeit aller Anlagenteile ohne Eingriffe in bauliche Hauptkonstruktionen
Trennung von Haupttrassen und Etagenverteilungen zur Flexibilität im Umbau
Modularisierung von Technikzonen zur Entkopplung einzelner Systeme
Flächenoptimierung und Reduktion von Betriebskosten durch effiziente Leitungsführung
Lebenszyklussicherheit im Hinblick auf Austauschbarkeit und Erneuerung
Trassenführung und Erschließungsebenen Haupttrassen vorzugsweise in Technikgeschossen, Schächten oder Fluren
Etagenverteilungen über vertikale Erschließungskerne (z B Installationsschächte, Versorgungsschächte)
Vermeidung von Kreuzungspunkten unterschiedlicher Gewerke ohne Wartungszugang
Trennbare, eindeutig dokumentierte Versorgungslinien (z B getrennte Stränge für Medien, Sicherheit, Kommunikation)
Zugang und Revisionsfähigkeit Zugängliche Revisionsöffnungen nach DIN 1055 / VDI 3810 für jede wesentliche Komponente
Keine verdeckten oder verspachtelten Verbindungen ohne zerstörungsfreien Zugriff
Mindestraumhöhe und Wartungsfläche für Aggregatetausch, z. B. Pumpen oder Filteranlagen
Bypass- und Absperreinrichtungen an geeigneten Stellen zur Entkopplung
Gewerkeabstimmung Gewerkeübergreifende Koordination der Trassenverläufe, Durchdringungen und Montagezonen
Nutzung digitaler Werkzeuge wie BIM-Modelle zur Kollisionsprüfung und Wartungssimulation
Regelung von Vorrangrechten in Leitungsführung (z. B. Sprinkler vor Lüftung in Fluren)
Brandschutz und Bauphysik Brandabschnittstrennung in Schacht- und Durchführungsplanung
Zulässige Leitungsführung in Fluchtwegen nur nach Einzelfallprüfung
Integration von Entrauchung, Druckhaltung, Redundanzsystemen
Steigeschachtprinzip Zentral gelegene Schächte je Nutzungseinheit oder Geschosszone
Gute Kontrollierbarkeit, aber begrenzte Umbauflexibilität bei fixer Raumstruktur
Deckenhohlebenen (Installationsdecken) Großflächige, gewerkeoffene Verlegung über Flurzonen
Wartung über Revisionsklappen, Deckenplatten oder Unterzüge
Ideal bei Büroflächen mit hoher Umnutzungshäufigkeit
Bodenkanäle und Hohlraumböden Geeignet für IT, Elektro, Medienversorgung in flexiblen Bürolayouts
Begrenzte Eignung für wasserführende Systeme wegen Leckagegefahr
Technikringe (umlaufende Schächte) Zugänglichkeit nach VDI 3810 / DIN EN 12056 / DIN 31051 Alle regelmäßig zu wartenden Komponenten müssen ohne Ausbau anderer Bauteile zugänglich sein
Bewegungs- und Arbeitsräume für Servicetechniker gemäß Arbeitsschutz
Berücksichtigung von Werkzeugen, Ersatzteilen und Austauschvolumen
Dokumentation und Nachverfolgbarkeit Eindeutige Kennzeichnung und Beschriftung (z. B. nach DIN 2403, VDE 0100)
Digitale Planungsgrundlagen (z. B. BIM, CAFM, Wartungssysteme) mit Georeferenzierung
Trennung von öffentlich zugänglichen, gewerblichen und sicherheitsrelevanten Medien
Betriebssicherheit und Redundanz Absperr- und Bypassmöglichkeiten für Teilbereiche
Trennung sicherheitsrelevanter Anlagen (z. B. RWA, Notbeleuchtung, USV) von haustechnischen Netzen
Schutz gegen Manipulation, Vandalismus und Fehlbedienung
Aufnahme der Erschließungslogik in CAFM-Systeme Technische Raumbücher mit Angabe der Erreichbarkeit und Zuständigkeit
Zuordnung von Anlagen zu Wartungsverträgen, Prüfpflichten, Betreiberverantwortung
Visualisierung im digitalen Zwilling für Instandhaltungsplanung und Risikoanalyse
Nutzung für Wartungsplanung und Lebenszyklusbetrachtung Automatische Wartungsvorschläge anhand zugänglicher Komponenten
Austauschzyklen basierend auf Erschließungslage, Anlagenzustand, Wirtschaftlichkeit
Berücksichtigung bei Budgetierung von Modernisierung oder Umbau
Rückmeldeschleife an Planung bei Problemen im Betrieb Feedback von Servicetechnikern an Planer bei nicht erreichbaren Anlagenteilen
Anpassung von Standards für künftige Projekte
Nutzung in Lessons-Learned-Dokumentationen
Rechtliche, normative und technische Grundlagen DIN 276 / DIN 277 : Flächen- und Kostenstruktur, auch für TGA-Flächen
VDI 3810 Blatt 1 / Blatt 4 : Betreiberverantwortung und technische Anlagenzugänglichkeit
DIN EN 12056 : Schachtanordnung und Lüftungsführung für Abwasser
Bauordnungen der Länder : Anforderungen an Brandschutz, Wartung, Fluchtwegsicherung
Arbeitsschutzgesetz / Betriebssicherheitsverordnung : Anforderungen an Wartungssicherheit
TRGS / DVGW / VDE-Richtlinien : Anforderungen an Gefahrstoffleitungen, Gasanlagen, Elektroversorgung
HOAI Leistungsphasen 1–9 : Integration der Erschließung in Planung, Bau und Übergabe