Zum Inhalt springen
FM-Connect Chat

Hallo! Ich bin Ihr FM-Connect Chat-Assistent. Wie kann ich Ihnen helfen?

FM-Solutionmaker: Gemeinsam Facility Management neu denken

Notfallkonzept

Technisches Facility Management: TFM » Anforderungen » Betriebsabläufe » Notfallkonzept

Notfallkonzept im Technischen Facility

Dieses Dokument beschreibt die Anforderungen und die Bedeutung eines Notfallkonzepts (Notfallplan) im Rahmen der Ausschreibung für das technische Facility Management eines Industriegebäudes. Ein strukturiertes, professionell ausgearbeitetes Notfallkonzept stellt sicher, dass bei kritischen Systemausfällen die Sicherheit des Gebäudes und die Kontinuität des Betriebs gewahrt bleiben. In der Angebotsphase signalisiert ein solches Konzept die Vorsorge des Bieters für den Ernstfall. Der vorliegende Leitfaden erläutert die wesentlichen Bestandteile eines Notfallkonzepts, wie es im technischen Gebäudemanagement gefordert wird, und zeigt auf, wie systemkritische Störungen – beispielsweise Ausfälle von Energieversorgung oder Sicherheitssystemen – effizient bewältigt werden können, während ein sicherer Zugang zum Gebäude auch im Notfall jederzeit gewährleistet bleibt.

Rechtliche und regulatorische Grundlagen

Die Erstellung eines Notfallkonzepts berührt mehrere gesetzliche Vorgaben in Deutschland, die in der Ausschreibung und später im Betrieb unbedingt zu berücksichtigen sind.

Zu den wichtigsten Grundlagen zählen:

  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und DGUV-Vorschriften: Gemäß § 10 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, Maßnahmen für Erste Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung zu treffen. Die Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherungen (DGUV) konkretisieren diese Pflichten in ihren Unfallverhütungsvorschriften. Dazu gehört z.B., einen Alarmplan, Flucht- und Rettungspläne sowie eine Brandschutzordnung aufzustellen. Das Notfallkonzept des Bieters muss zeigen, dass diese Pflichten bekannt sind und alle erforderlichen Vorkehrungen für Brände, Unfälle, Explosionen oder andere gefährliche Betriebsstörungen geplant sind. Auch die Benennung und Schulung von Ersthelfern und Evakuierungshelfern sowie regelmäßige Unterweisungen der Mitarbeiter sind hier relevant.

  • Bauordnungen und Brandschutzvorschriften: Die Landesbauordnungen und einschlägigen Brandschutzgesetze verlangen funktionsfähige Sicherheitsausstattungen im Gebäude. Dazu zählen Brandmeldeanlagen, Sprinkler- oder Feuerlöschanlagen, Notbeleuchtung und ausreichend dimensionierte Fluchtwege. Ein Notfallkonzept im Facility Management muss diese Rahmenbedingungen einhalten und für den Fall des Versagens solcher Systeme (z.B. Ausfall der Brandmeldeanlage) Maßnahmen vorsehen. Gegebenenfalls sind anerkannte Normen wie DIN EN ISO 14001 (Umweltmanagement, mit Aspekten der Notfallvorsorge) oder branchenspezifische Richtlinien zu berücksichtigen, soweit sie die Notfallplanung im Gebäudebetrieb betreffen.

  • Vergaberechtliche Anforderungen (GWB, VgV): Im öffentlichen Ausschreibungsverfahren gelten das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und die Vergabeverordnung (VgV). Diese verpflichten den Auftraggeber, technische Spezifikationen und Eignungskriterien – etwa zur Notfallbereitschaft – transparent in den Vergabeunterlagen festzulegen. Bieter müssen nachweisen, dass sie alle relevanten gesetzlichen Vorschriften einhalten und die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen. Ein schlüssiges Notfallkonzept wird im Vergabeverfahren als Qualitätsmerkmal bewertet. Zudem kann die Nichterfüllung klar geforderter Notfall-Vorkehrungen ein Ausschlussgrund sein, da die Leistungsanforderungen nicht erfüllt würden. Die Ausschreibung sollte daher eindeutig fordern, dass ein Notfallkonzept vorgelegt wird und dieses den rechtlichen Vorgaben entspricht.

  • Datenschutz (DSGVO/BDSG): Bei der Behandlung von personenbezogenen Daten im Notfallkontext sind die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zu beachten. Ein Notfallkonzept im technischen Facility Management beinhaltet oft die Verarbeitung sensibler Daten – z.B. Listen von Notfallkontaktpersonen mit Telefonnummern oder Zugangsprotokolle aus dem Zutrittskontrollsystem. Bieter müssen garantieren, dass solche Daten vertraulich behandelt, nur zu legitimen Zwecken im Notfall verwendet und gemäß Datenschutzvorschriften gesichert werden. Insbesondere im Bereich der Zutrittskontrolle ist sicherzustellen, dass personenbezogene Zutritts- und Anwesenheitsdaten nur befugten Personen zugänglich sind und nach festgelegten Aufbewahrungsfristen gelöscht werden. Die Einhaltung der DSGVO/BDSG ist somit integraler Bestandteil der Notfallplanung und sollte im Konzept zugesichert werden.

Umfang der Notfallszenarien- Insbesondere sind folgende Notfallszenarien einzubeziehen:

  • Stromausfall: Ein umfassender Plan zur Überbrückung von Stromunterbrechungen ist essenziell. Es sind Vorkehrungen für die Aufrechterhaltung kritischer Funktionen bei einem Netzausfall darzulegen, z.B. der Einsatz von Notstromaggregaten (Generatoren) und unterbrechungsfreien Stromversorgungen (USV) für wichtige Anlagen. Das Konzept soll festlegen, welche Systeme prioritären Notstrom erhalten (etwa Beleuchtung, Sicherheits- und IT-Systeme oder Kühlsysteme für Serverräume) und wie lange die Überbrückungszeit reicht. Ebenso ist zu beschreiben, wie nach einem Blackout die schrittweise Wiederinbetriebnahme der technischen Anlagen erfolgt und wer dafür verantwortlich ist. Klare Zuständigkeiten – etwa ein Bereitschaftsdienst für Elektrotechnik – sind für dieses Szenario zu definieren.

  • Ausfall von Brandmelde- oder Löschanlagen: Wenn Brandmeldesysteme, Rauchmelder, Sprinkleranlagen oder andere Brandschutzeinrichtungen versagen, muss sofortiges Handeln erfolgen, um den Gebäudeschutz aufrechtzuerhalten. Das Notfallkonzept soll darlegen, wie bei einem Ausfall dieser sicherheitstechnischen Systeme verfahren wird. Beispielsweise kann vorgesehen sein, dass im Störungsfall zusätzliche manuelle Brandwachen (personelle Überwachung des gefährdeten Bereichs) eingerichtet werden, bis das System wieder funktionstüchtig ist. Ebenso sind Notfallmeldungen an die Feuerwehr oder an einen 24/7-Notdienst des Systemherstellers zu regeln, damit die Reparatur umgehend eingeleitet wird. Das Konzept muss sicherstellen, dass trotz eines technischen Defekts im Brandmeldesystem die Alarmierung der Gebäudenutzer und der Feuerwehr gewährleistet bleibt – notfalls durch händisches Auslösen von Alarmen oder Sirenen. Außerdem sollte es Pläne zur manuellen Bedienung von Löschanlagen (falls möglich) und zur Evakuierung ohne automatische Alarmierung enthalten.

  • Wasserleckage oder Überflutung: Bei Rohrbrüchen, Leckagen oder Überschwemmungen drohen sowohl Sicherheitsrisiken (z.B. Kurzschlüsse) als auch große Sachschäden. Das Notfallkonzept beschreibt, wie im Falle eines Wasseraustritts vorzugehen ist: Dazu gehört die schnelle Lokalisierung und Absperrung der Wasserzufuhr (Lage von Hauptabsperrventilen muss bekannt sein) sowie gegebenenfalls das Abschalten betroffener elektrischer Anlagen, um Folgeschäden oder Gefahren durch Strom und Wasser zu vermeiden. Es ist festzulegen, wer im Alarmfall sofort zu benachrichtigen ist (z.B. Haustechnik, Sanitär-Notdienst) und wie eine Ausbreitung des Wassers eingedämmt werden kann (Einsatz von Pumpen, Sandsäcken oder Barrieren). Auch Maßnahmen der Schadensbegrenzung und -dokumentation (z.B. Wasser absaugen, betroffenes Inventar sichern, Schaden fotografieren) sollten Teil des Plans sein, um eine schnelle Wiederherstellung des Normalbetriebs zu unterstützen.

  • Ausfall von Heizung, Lüftung und Klima (HLK): Ein Versagen der Heizungs-, Lüftungs- oder Klimaanlagen kann das Raumklima und empfindliche Prozesse erheblich beeinträchtigen – etwa in Serverräumen, Laboren oder produktionskritischen Bereichen. Das Notfallkonzept muss beschreiben, wie bei einem Ausfall dieser Anlagen vorzugehen ist, um Temperatur- oder Luftqualitätsgrenzen einzuhalten. Beispielsweise könnten portable Heiz- oder Kühlgeräte als Übergangslösung vorgehalten werden. Für kritische Räume (Serverräume, Reinräume) sind in der Regel redundante Klimaanlagen oder Alarmsysteme bei Temperaturüberschreitung vorhanden – das Konzept sollte darlegen, wie diese genutzt werden und wer alarmiert wird (etwa der zuständige Techniker oder externen Service). Auch sollten klare Vereinbarungen mit Wartungsfirmen bestehen, um im Notfall rund um die Uhr eingreifen zu können. Ziel ist es, Betriebsunterbrechungen oder Schäden (z.B. Hitzeschäden an IT-Anlagen oder Frostschäden an Leitungen) zu vermeiden und die Arbeitsumgebung für Personen erträglich zu halten, bis die Systeme wieder funktionieren.

  • Ausfall des Zutrittskontrollsystems: Störungen im elektronischen Zutrittskontrollsystem können erhebliche Sicherheitsprobleme verursachen, da Türen möglicherweise nicht wie vorgesehen öffnen oder schließen. Das Notfallkonzept muss Verfahren enthalten, um die Gebäudesicherheit und den geregelten Zugang auch bei Systemausfall sicherzustellen. Dazu gehört zunächst eine Fail-Safe-Strategie: Bei Stromausfall oder Systemfehlern müssen kritische Türen – insbesondere Notausgänge – entweder automatisch entriegeln (damit Personen das Gebäude verlassen können), oder es müssen mechanische Notschlösser vorhanden sein. Umgekehrt sollte bei einem sicherheitsrelevanten Vorfall (z.B. Einbruchalarm) auch ein kontrolliertes Verriegeln bestimmter Bereiche möglich sein. Das Konzept sollte festlegen, wie autorisiertes Personal (z.B. Werkschutz oder Facility-Manager) im Notfall Türen manuell öffnen kann – etwa mittels Generalschlüssel, Notfall-Schlüsselkästen oder Überbrückungscodes. Zugleich ist für diesen Fall ein manuelles Zutrittsprotokoll vorzusehen: Wenn das elektronische System ausfällt, muss dokumentiert werden, welche Personen das Gebäude betreten oder verlassen (z.B. mittels schriftlicher Registrierung am Empfang), um weiterhin Überblick über anwesende Personen zu behalten. Wichtig ist auch die Vorsorge durch redundante technische Lösungen: Das Zutrittskontrollsystem sollte über Pufferbatterien bzw. USV verfügen und ggf. lokale Türsteuerungen, die bei Netzwerkausfall autark weiterarbeiten. So bleiben im Notfall zumindest bestimmte Zugänge funktionsfähig. Insgesamt muss die Balance zwischen Sicherheit (Schutz vor unbefugtem Zutritt) und Sicherheit im Sinne von Arbeitsschutz (ungehinderte Flucht im Notfall) gewahrt sein.

Dokumentationsanforderungen für Bieter- Folgende Unterlagen und Informationen sind als Mindestanforderung Teil des Angebots:

  • Ausführlicher schriftlicher Notfallplan: Der Bieter hat ein vollständiges Notfallkonzept auszuarbeiten und einzureichen, das alle relevanten Systeme und Szenarien abdeckt. Dieser Plan sollte strukturiert und detailliert sein, einschließlich einer Beschreibung der technischen und organisatorischen Maßnahmen für jeden Notfallfall (siehe Abschnitt 3). Der Notfallplan muss erkennen lassen, dass der Bieter die spezifischen Risiken des betreffenden Industriegebäudes verstanden hat. Ideal ist die Gliederung nach Szenarien (Stromausfall, Feuer, Wasser etc.) mit den jeweils vorgesehenen Maßnahmen und Verantwortlichkeiten.

  • Eskalationskette und Notfall-Kontaktliste: Teil der Dokumentation muss eine klare Eskalationsmatrix sein. Darin sind für jedes Szenario die Verantwortlichen benannt, inklusive Kontaktdaten (Telefonnummern, E-Mail) und Vertretungsregelungen. Die Liste sollte aufzeigen, wer im 24/7-Bereitschaftsdienst erreichbar ist, wen das Betriebspersonal im Notfall zunächst informiert und welche externen Stellen einzubinden sind (z.B. Feuerwehr, Polizei, technische Notdienste). Ebenso sollte die Reihenfolge der Benachrichtigung festgelegt sein – beispielsweise: 1. Interner technischer Dienst, 2. Objektleiter Facility Management, 3. externe Fachfirma oder Behörden, etc. Eine übersichtliche Darstellung (z.B. Flussdiagramm oder Tabelle) erhöht die Verständlichkeit. Diese Eskalationspläne sind zentral für die schnelle Reaktion im Ernstfall.

  • Gebäudepläne und Notfall-Infrastruktur: Das Angebot muss aktuelle Gebäudegrundrisse und relevante Übersichtspläne enthalten, in denen sicherheitstechnische Einrichtungen eingezeichnet sind. Dazu gehören Lagepläne mit Sammelplätzen, Grundrisse mit Fluchtwegen, Positionen von Feuerlöschern, Brandmeldern, Erste-Hilfe-Stationen, Notstromaggregaten, Absperrventilen etc. Diese Dokumentation zeigt, dass der Bieter über alle sicherheitsrelevanten Einrichtungen Kenntnis hat und diese in sein Notfallkonzept einbezieht. Gegebenenfalls sind auch Schemata der technischen Gebäudeausrüstung (z.B. Schaltpläne der Sicherheitsbeleuchtung oder der Sprinkleranlage) vorzulegen, soweit dies für das Verständnis der Notfallmaßnahmen nötig ist. Wichtig ist, dass die Dokumentation übersichtlich und für Dritte nachvollziehbar ist, damit im Ernstfall auch fremdes Personal (z.B. Feuerwehr oder eine vertretende Firma) sofort handlungsfähig ist.

  • Nachweise geschulter Mitarbeiter: Der Bieter sollte belegen, dass sein Personal für den Umgang mit Notfällen qualifiziert ist. Das umfasst den Nachweis von Schulungen und Zertifikaten, etwa Ersthelferausbildung der Mitarbeiter (mindestens der gesetzlich geforderten Anzahl an Ersthelfern), Brandschutzhelfer-Schulungen gemäß ASR A2.2 (Technische Regel für Arbeitsstätten), und gegebenenfalls spezielle Fortbildungen wie Evakuierungshelfer oder Schulungen im Umgang mit bestimmten technischen Anlagen. Die Mitarbeiter, die im Notfall Führungsaufgaben übernehmen sollen (z.B. Objektleiter, Sicherheitsingenieur), müssen entsprechend eingewiesen und erfahren sein. Idealerweise legt der Bieter Organigramme oder Benennungen vor, wer welche Rolle im Notfall einnimmt. Auch Übungen oder Drills, an denen das Personal teilgenommen hat, können als Referenz angegeben werden. Diese Nachweise untermauern die Ernsthaftigkeit und Kompetenz des Bieters in Sachen Notfallmanagement.

  • Integration mit Werkschutz und externen Diensten: Insbesondere in Industrieanlagen besteht oft ein Werksicherheitsdienst (Werksschutz) sowie festgelegte Abläufe mit der örtlichen Feuerwehr oder anderen Rettungskräften. Der Bieter muss in seinem Konzept darlegen, wie das Notfallmanagement mit dem bestehenden Werkschutz zusammenarbeitet. Zum Beispiel sollte beschrieben sein, wie die Übergabe von Aufgaben an den Werkschutz erfolgt, wer die Alarmierung extern übernimmt und wie gemeinsame Übungen mit Feuerwehr oder Rettungsdienst gestaltet sind. Falls externe Dienstleister (z.B. Wachdienst-Leitstelle oder Notruf-Service-Leitstelle für Gefahrenmeldeanlagen) involviert sind, ist deren Rolle zu erläutern. Das Konzept sollte zeigen, dass Notfallmaßnahmen nicht isoliert betrachtet werden, sondern als Teil eines Gesamtsicherheitskonzeptes, in dem Facility Management, Werkschutz und externe Hilfsorganisationen eng kooperieren. Idealerweise sind bereits Absprachen oder Schnittstellen definiert (z.B. Schlüsselübergabe an die Feuerwehr, regelmäßige Treffen zur Abstimmung von Notfallszenarien mit allen Beteiligten).

Verfahrensanforderungen im Ausschreibungsprozess

Bereits im Ausschreibungsverfahren müssen bestimmte formale und inhaltliche Anforderungen gestellt werden, um sicherzustellen, dass der zukünftige Dienstleister über ein belastbares Notfallkonzept verfügt und dieses auch während der Vertragslaufzeit aktuell hält.

Empfohlene Vorgehensweisen und Anforderungen sind:

  • Vorlage des Notfallkonzepts als Bestandteil des Angebots: In den Ausschreibungsunterlagen ist vorzusehen, dass jeder Bieter ein individuelles Notfallkonzept für das betreffende Objekt mit dem Angebot einreichen muss. Dies sollte als verpflichtendes Kriterium (Muss-Unterlage) deklariert werden. Das ermöglicht dem Auftraggeber, bereits vor Zuschlag zu prüfen, ob der Bieter die Risiken und Abläufe verstanden hat. Das Fehlen eines Notfallkonzepts oder eine offenkundig unzureichende Ausarbeitung kann zum Ausschluss des Angebots wegen Nichterfüllung der Ausschreibungsbedingungen führen.

  • Prüfung und Bewertung durch den Auftraggeber: Nach Angebotsabgabe sollte der Auftraggeber das vorgelegte Notfallkonzept fachlich bewerten. Gegebenenfalls können interne oder externe Fachexperten (z.B. Sicherheitsingenieure oder Brandschutzbeauftragte) hinzugezogen werden, um die Qualität der Konzepte zu beurteilen. Dabei wird überprüft, ob alle geforderten Szenarien abgedeckt sind, die Maßnahmen plausibel und den gesetzlichen Anforderungen entsprechend beschrieben wurden und ob realistische Reaktions- und Wiederherstellungszeiten angegeben sind. Dieser qualitative Aspekt kann in die Wertung der Angebote einfließen, etwa indem Konzepte mit höherer Qualität besser bewertet werden. Wichtig ist die vorherige Festlegung von Bewertungskriterien (z.B. Vollständigkeit, Schlüssigkeit, Erfahrungen des Bieters im Notfallmanagement), um Transparenz im Vergabeverfahren zu gewährleisten.

  • Vorgaben für regelmäßige Tests und Aktualisierung: In den Vertragsbedingungen (Leistungsverzeichnis oder Besonderen Vertragsbedingungen) sollte festgeschrieben werden, dass der Auftragnehmer das Notfallkonzept in definierten Abständen praktisch erprobt und laufend fortschreibt. Bereits in der Ausschreibung kann gefordert werden, dass der Bieter ein Konzept für Übungen (z.B. jährliche Evakuierungsübungen, regelmäßige Funktionstests der Notstromversorgung, Simulation von Systemausfällen) vorlegt. Ebenso ist zu vereinbaren, dass der Dienstleister nach Zuschlag mindestens einmal pro Jahr mit dem Auftraggeber gemeinsam eine Notfallübung oder Überprüfung der Notfallpläne durchführt. Das Ausschreibungsdokument sollte klare Intervalle und Berichtspflichten nennen: z.B. jährlicher Notfalltest mit Protokoll und Maßnahmenverfolgung. Damit wird sichergestellt, dass das Notfallkonzept kein statisches Papier bleibt, sondern ein lebendiger Bestandteil des Gebäudebetriebs.

  • Pflicht zur kontinuierlichen Aktualisierung: Der Auftragnehmer muss vertraglich verpflichtet werden, das Notfallkonzept über die Vertragslaufzeit aktuell zu halten. Änderungen im Gebäude (Umbauten, neue technische Anlagen), im Personal (neue Verantwortliche) oder in den Kontaktketten müssen zeitnah im Notfallplan nachgeführt werden. In der Ausschreibung kann verlangt werden, dass der Bieter beschreibt, wie das Änderungsmanagement für das Notfallkonzept abläuft – zum Beispiel, wer für die Pflege der Dokumentation verantwortlich ist und wie Updates dem Auftraggeber kommuniziert werden. Ein veraltetes Notfallkonzept birgt erhebliche Risiken; daher ist die ständige Pflege als Qualitätskriterium aufzunehmen.

  • Umgang mit unvollständigen oder unzureichenden Notfallkonzepten: Das Vergabeverfahren sollte klare Regeln für den Fall definieren, dass ein Bieter ein unzureichendes Notfallkonzept einreicht. Wie oben erwähnt, kann dies bereits zum Angebotsausschluss führen, sofern die Anforderungen eindeutig waren. Alternativ kann der Auftraggeber in Verhandlungs- oder Dialogverfahren Rückfragen stellen, um Lücken zu identifizieren. Grundsätzlich ist jedoch zu empfehlen, nur solche Bieter zu berücksichtigen, die von Anfang an ein schlüssiges Konzept vorlegen. Die Vergabeunterlagen könnten hierauf hinweisen, etwa: „Bieter ohne belastbares Notfall- und Notfallzugangskonzept können vom weiteren Verfahren ausgeschlossen werden.“ Dies unterstreicht den Stellenwert der Thematik. Nach Zuschlag ist zudem sicherzustellen, dass der ausgewählte Dienstleister bei Vertragsbeginn das Konzept nochmals gemeinsam mit dem Auftraggeber durchspricht und eventuell notwendige Ergänzungen vornimmt, bevor der Live-Betrieb startet.

Spezifische Anforderungen an Zutrittskontrollsysteme

Ein besonderer Fokus des Notfallkonzepts im technischen Facility Management liegt auf der Sicherstellung der Gebäudesicherheit und Zugänglichkeit, wenn elektronische Zutrittssysteme betroffen sind.

Im Ausschreibungszusammenhang sollten dafür spezifische Anforderungen gestellt werden:

  • Ausfallsichere Türverriegelungen: Das Konzept muss darlegen, wie Türen und Zugangspunkte bei Strom- oder Systemausfall reagieren. Sicherheitsrelevante Türen (z.B. Notausgänge, Brandschutztüren) sind in der Regel mit Fail-Safe-Schlössern ausgestattet, die im stromlosen Zustand entriegeln, um im Notfall niemanden einzuschließen. Andere Zutrittspunkte könnten Fail-Secure konfiguriert sein, um bei Störung geschlossen zu bleiben (etwa um Einbruch bei Stromausfall zu verhindern). Das Notfallkonzept soll die Strategie für jede Türart erläutern. Wichtig ist, dass Fluchttüren und Notausgänge jederzeit von innen ohne Hilfsmittel zu öffnen sind – gesetzlich vorgeschrieben nach Arbeitsstättenrecht und Bauordnung. Gleichzeitig muss erläutert werden, wie der unbefugte Zutritt bei technischen Ausfällen kontrolliert wird, zum Beispiel durch zusätzlich postiertes Sicherheitspersonal an kritischen Zugängen.

  • Notfall-Override-Berechtigungen: Es ist sicherzustellen, dass autorisierte Personen im Ernstfall sämtliche Türen öffnen können. Hierfür sollten Verfahren und Verantwortlichkeiten definiert sein. Üblich ist das Vorhalten von Generalschlüsseln oder Notschlüsseln für alle relevanten Türen, idealerweise gesichert in zentralen Schlüsseldepots/Schlüsselsafes, die nur im Notfall (oder von befugtem Personal) geöffnet werden dürfen. In vielen Industrieanlagen gibt es Feuerwehr-Schlüsseldepots an der Gebäudeaußenseite, auf die die Feuerwehr im Brandfall zugreifen kann, um sich Zutritt zu verschaffen. Der Bieter muss darlegen, wie er diese Infrastruktur nutzt und welche Mitarbeiter intern berechtigt sind, im Notfall Türen zu entriegeln. Falls digitale Override-Codes oder spezielle Ausweise (Masterkarten) eingesetzt werden, ist deren Handhabung im Konzept zu erläutern. Wichtig: Jede Notfallöffnung sollte nachvollziehbar dokumentiert werden, damit keine Sicherheitslücke entsteht.

  • Vertrauliche Handhabung von Zutrittsdaten: Das Zutrittskontrollsystem speichert in der Regel personenbezogene Daten (Zutrittsprotokolle, Anwesenheitslisten). Im Notfall können diese Daten relevant sein – z.B. um festzustellen, wer sich im Gebäude befindet. Das Konzept muss den datenschutzkonformen Umgang damit sicherstellen. Nur befugte Personen dürfen Zugriff auf solche Informationen haben, und auch im Krisenfall sind die Prinzipien der Datensparsamkeit und Zugriffskontrolle zu beachten. Eine mögliche Maßnahme ist, im Notfall lediglich aggregierte oder notwendige Daten auszuwerten (etwa Anzahl und Identität vermisster Personen für die Evakuierung), ohne alle Bewegungsdaten freizugeben. Zudem ist festzulegen, wie Notfalllisten erstellt und geschützt werden. Der Bieter sollte Verfahren beschreiben, wie er sensible Informationen, wie z.B. persönliche Telefonnummern auf Notfallkontaktlisten oder digitale Schlüssellogbücher, gegen Missbrauch schützt. Insgesamt muss das Konzept mit den Anforderungen der DSGVO im Einklang stehen, selbst während einer Störung oder eines Notfalls.

  • Redundanz und Backups: Von einem modernen Zutrittskontrollsystem wird erwartet, dass es redundante Komponenten besitzt, um die Ausfallwahrscheinlichkeit zu minimieren. Das Notfallkonzept sollte aufzeigen, ob und wie redundante Server, Stromversorgungen oder Kommunikationswege vorhanden sind. Beispielsweise könnten zentrale Zutritts-Server in einem gesicherten Rechenzentrum mit USV laufen, und kritische Zutrittspunkte mit lokaler Intelligenz (Offline-Funktionalität) ausgestattet sein, sodass im Falle eines Netzwerkfehlers bereits ausgestellte Berechtigungen temporär weiter gelten. Der Bieter sollte erläutern, wie häufig Datensicherungen der Zutrittsberechtigungsdaten vorgenommen werden und wie eine Wiederherstellung abläuft, falls die zentrale Steuerung ausfällt. Für den Ausschreibenden ist wichtig zu wissen, dass der Dienstleister Vorsorge getroffen hat, um im Störungsfall den Zutrittsbetrieb schnell wiederherzustellen oder weiterzuführen. Dies umfasst auch regelmäßige Wartung der Akkus in Türsteuerungen, Tests der Notstromversorgung und Monitoring, das Ausfälle frühzeitig meldet.

  • Einhaltung relevanter Sicherheitsnormen: Im Bereich der elektronischen Sicherheitstechnik gibt es Normen und Standards, die die Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit definieren. Das Notfallkonzept sollte in Einklang mit Standards wie DIN EN 60839 (Alarm- und elektronische Sicherheitssysteme, inklusive Zutrittskontrollanlagen) sowie DIN VDE 0833 (Gefahrenmeldeanlagen für Brand und Einbruch) stehen. Für die Ausschreibung kann gefordert werden, dass sämtliche sicherheitstechnischen Anlagen den einschlägigen Normen entsprechen und vom Bieter regelmäßig geprüft werden. Dies betrifft etwa Anforderungen an elektrische Verriegelungen von Türen, Schnittstellen zu Brandmeldeanlagen (Türfreigabe im Brandfall) oder auch Sabotageüberwachung. Der Bieter sollte bestätigen, dass die von ihm betreuten Zutrittskontrollsysteme normgerecht installiert und betrieben werden und dass im Notfall alle normativ vorgesehenen Funktionen (zum Beispiel automatische Türöffnung bei Feueralarm, Alarmierung bei Ausfall wichtiger Komponenten) gewährleistet sind.

Bestätigung der Konformität

Zum Abschluss des Notfallkonzepts und der Angebotsunterlagen muss der Bieter eine formale Bestätigung abgeben, dass sein Vorgehen den gestellten Anforderungen vollumfänglich entspricht. Diese Konformitätserklärung dient dazu, die Verbindlichkeit der Notfallplanung zu unterstreichen.

In der Praxis beinhaltet dies:

  • Verpflichtung zum robusten Notfallmanagement: Der Bieter erklärt schriftlich, dass er ein belastbares und erprobtes Notfallkonzept vorhält und während der Vertragslaufzeit aufrechterhalten wird. Er bestätigt, alle in diesem Leitfaden und der Ausschreibung genannten Punkte – von rechtlichen Vorgaben bis zu technischen Maßnahmen – einzuhalten. Diese Selbstverpflichtung umfasst auch die Zusage, regelmäßige Überprüfungen und Übungen durchzuführen, um die Wirksamkeit des Notfallplans sicherzustellen.

  • Garantierte Reaktions- und Wiederherstellungszeiten: In der Erklärung sollte der Bieter auch angeben, welche maximalen Reaktionszeiten im Ernstfall gelten (z.B. innerhalb von 30 Minuten vor Ort, innerhalb von 2 Stunden Wiederinbetriebnahme kritischer Systeme, etc., je nach Anforderung der Ausschreibung). Er übernimmt die Verantwortung, diese Zeitvorgaben einzuhalten, und erkennt an, dass Nichteinhaltung gegebenenfalls vertragliche Konsequenzen haben kann. Diese Garantie untermauert die Verlässlichkeit des Bieters.

  • Accountability und Berichterstattung: Abschließend betont der Bieter seine Verantwortlichkeit dafür, dass im Notfall alle erforderlichen Schritte unternommen werden. Er verpflichtet sich, im Ereignisfall und danach gegenüber dem Auftraggeber Bericht zu erstatten, die Ursachen zu analysieren und gegebenenfalls das Notfallkonzept zu optimieren. Durch diese Erklärung ist sichergestellt, dass das Thema Notfallvorsorge nicht nur auf dem Papier existiert, sondern vom zukünftigen Auftragnehmer als kontinuierliche Aufgabe verstanden wird.

Mit dieser formalen Bestätigung und den zuvor genannten Elementen verfügt der Auftraggeber über ein umfassendes, rechtskonformes und praktikables Notfallkonzept als Bestandteil des technischen Facility Managements. Dies legt den Grundstein für einen sicheren Betrieb des Industriegebäudes, selbst wenn unvorhergesehene Notfälle eintreten.