Service-Level-Matrix
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Ausschreibungsleitfaden Technisches Facility Management – SLA-Matrix
Diese Leitlinie beschreibt die Einbindung einer Service-Level-Agreement-Matrix (SLA-Matrix) im Rahmen der Ausschreibung für das technische Facility Management eines Industriegebäudes. Sie erläutert den Zweck messbarer Service Levels im Vergabeprozess und wie klar definierte Leistungskennzahlen dazu beitragen, Zuverlässigkeit und Effizienz der technischen Gebäudebewirtschaftung sicherzustellen. Durch eindeutig vereinbarte KPIs (Key Performance Indicators) können insbesondere systemkritische Infrastrukturen – etwa sicherheitsrelevante Anlagen oder Zutrittskontrollsysteme – zuverlässig und unterbrechungsfrei betrieben werden. Die SLA-Matrix ermöglicht es, die erwarteten Leistungsniveaus transparent festzulegen und im späteren Betrieb kontinuierlich zu überwachen und durchzusetzen.
- Regulatorische Grundlagen
- SLA-Leistungsindikatoren
- Dokumentationsanforderungen
- Ausschreibungsprozess
- Zutrittskontrollsysteme
- SLA-Verpflichtungen
Rechtliche und regulatorische Grundlagen
Öffentliches Vergaberecht: Die Ausschreibung erfolgt gemäß den Vorgaben des öffentlichen Vergaberechts, insbesondere des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) Teil 4 und der Vergabeverordnung (VgV). Diese Regularien stellen sicher, dass das Verfahren transparent, diskriminierungsfrei und nach einheitlichen Regeln abläuft. Alle Anforderungen der SLA-Matrix werden so formuliert, dass sie den Gleichbehandlungsgrundsatz wahren und als Vertragsbestandteil rechtssicher vereinbart werden können.
Branchenstandards im Facility Management: Es gelten anerkannte Branchenstandards im Facility Management. Die DIN EN 15221-Reihe (insbesondere Teil 2 für FM-Vertragsgestaltung) liefert einen Rahmen für Leistungsbeschreibungen und Qualitätskriterien. Außerdem wird eine Ausrichtung an ISO 41001 (Facility Management – Managementsysteme) und ISO 9001 (Qualitätsmanagement) erwartet. Diese Standards stellen sicher, dass Service-Prozesse strukturiert, qualitätsgesichert und auf kontinuierliche Verbesserung ausgerichtet sind.
Arbeits- und Umweltschutz: Bei der Leistungserbringung sind sämtliche arbeitsschutz- und umweltrechtlichen Vorschriften einzuhalten. Dazu zählen unter anderem das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), welche den sicheren Betrieb und die Wartung technischer Anlagen regeln. Ebenso sind relevante technische Regeln (z.B. TRBS) und anerkannte Richtlinien wie VDI 3810 (Betreiberverantwortung) zu berücksichtigen. Umweltbezogene Vorgaben, etwa im Bereich Energieeinsparung oder im Umgang mit Gefahrstoffen und Abfällen, sind durch geeignete betriebliche Maßnahmen umzusetzen.
Datenschutz: Beim Betrieb von Zutrittskontrollsystemen und der Erfassung von Betriebsdaten sind die Datenschutzbestimmungen strikt einzuhalten. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) legen fest, dass personenbezogene Daten – etwa Zutrittsprotokolle oder Leistungsdaten, die Rückschlüsse auf einzelne Personen zulassen – nur für definierte Zwecke verwendet und angemessen geschützt werden dürfen. Der Dienstleister muss technische und organisatorische Maßnahmen implementieren, um diese Daten vor unbefugtem Zugriff zu sichern und vorgegebene Löschfristen einzuhalten.
Die folgenden Kern-Kennzahlen definieren den Leistungsumfang der vertraglichen Service Level Agreements im technischen FM:
Systemverfügbarkeit (%): Garantierte Betriebsbereitschaft der wichtigen technischen Systeme (z.B. Heizungs-, Klima- und Lüftungsanlagen, elektrische Stromversorgung, Brandschutzanlagen, Aufzüge). Ein hoher Verfügbarkeitswert (z.B. 99 % oder höher) stellt sicher, dass diese Anlagen nahezu durchgängig funktionsfähig sind und Ausfallzeiten minimal gehalten werden.
Durchschnittliche Reparaturzeit (MTTR): Durchschnittliche Dauer, um einen ausgefallenen Bestandteil wieder instand zu setzen und die Systemfunktion vollständig herzustellen. Dieser Indikator misst die Effizienz der Störungsbeseitigung. Eine kurze MTTR (beispielsweise nur wenige Stunden bei kritischen Anlagen) bedeutet, dass Unterbrechungen durch schnelle Reparaturen auf ein Minimum reduziert werden.
Wartungsgrad (%): Erfüllungsquote der geplanten vorbeugenden Wartungen innerhalb des vorgesehenen Zeitrahmens. Dieser Kennwert zeigt an, inwieweit alle angesetzten Inspektionen und Wartungsarbeiten fristgerecht durchgeführt wurden. Typischer Zielwert ist > 95 %, bei sicherheitsrelevanten Prüfungen wird 100 % angestrebt, um vollumfänglich allen Betreiberpflichten nachzukommen.
Energieeinsparung (%): Messbare Reduktion des Energieverbrauchs technischer Anlagen durch Effizienzmaßnahmen. Hier wird z.B. das prozentuale Einsparpotenzial gegenüber einer definierten Baseline erfasst, um den Beitrag des Dienstleisters zu nachhaltigem und kosteneffizientem Betrieb zu bewerten. Ein positiver KPI in diesem Bereich spiegelt Verbesserungen in der Energieeffizienz wider.
Verfügbarkeit der Zutrittskontrollsysteme: Betriebszeit und Zuverlässigkeit von sicherheitstechnischen Zutrittskomponenten (z.B. Kartenausweis-Leser, biometrische Scanner) sowie deren Schnittstellen zur Sicherheitsinfrastruktur. Eine hohe Verfügbarkeit dieser Systeme ist essenziell, um den sicheren und kontrollierten Zugang zum Gebäude rund um die Uhr zu gewährleisten.
Jeder Bieter muss im Angebot bestimmte Unterlagen und Nachweise einreichen, um seine Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die SLA-Vorgaben darzulegen:
Ausgefüllte SLA-Matrix: Ein vom Auftraggeber vorgegebenes Tabellenformular, in dem der Bieter zu allen definierten KPIs verbindliche Zielwerte und Garantien angibt. Dieses Dokument bildet die Grundlage des Leistungsversprechens im Vertrag.
Leistungsnachweise aus früheren Verträgen: Dokumentation der bisherigen Performance in vergleichbaren technischen FM-Aufträgen. Dies kann durch Referenzschreiben früherer Auftraggeber, Auswertungen von SLA-Kennzahlen (z.B. erreichte Verfügbarkeiten, Reaktionszeiten) oder andere Benchmark-Daten erfolgen, welche die Zuverlässigkeit und Kompetenz des Bieters belegen.
Beschreibung von Monitoring- und Reporting-Prozessen: Darstellung, wie der Bieter die Einhaltung der KPIs im laufenden Betrieb überwachen, messen und berichten wird. Dies umfasst typischerweise die Nutzung eines CAFM-Systems (Computer-Aided Facility Management) oder ähnlicher Software sowie die Integration in die Gebäudeleittechnik, um Leistungsdaten in Echtzeit zu erfassen. Ebenso soll beschrieben werden, in welchem Turnus und in welcher Form Berichte an den Auftraggeber erfolgen.
Qualifikationsnachweise und Tool-Ausstattung: Nachweis, dass sowohl qualifiziertes Fachpersonal als auch geeignete technische Hilfsmittel für das SLA-Monitoring und -Management vorhanden sind. Der Bieter sollte z.B. über zertifizierte Techniker verfügen und ein etabliertes Wartungs- und Störungsmanagement-System einsetzen (CAFM/CMMS), ggf. mit Anbindung an das Gebäudeautomationssystem (BMS), um die SLA-Kennzahlen laufend verfolgen zu können.
Maßnahmenplan bei SLA-Verstößen: Ein Konzept, wie bei Nichterreichung von SLA-Zielen verfahren wird. Der Bieter soll darlegen, welche internen Eskalationsstufen und Korrekturmaßnahmen vorgesehen sind, um die Vertragserfüllung schnellstmöglich wiederherzustellen. Dies umfasst Notfallpläne für kritische Systemausfälle, definierte Reaktionszeiten bei Überschreiten von Grenzwerten und Mechanismen zur Ursachenanalyse sowie zur präventiven Vermeidung zukünftiger Verstöße.
Im Ausschreibungsverfahren und in der anschließenden Vertragsumsetzung gelten folgende verfahrensbezogene Anforderungen im Hinblick auf die SLA-Vereinbarungen:
Verbindliche Angebotsbeilage: Die ausgefüllte SLA-Matrix ist dem Angebot als zwingender Bestandteil beizufügen. Angebote, denen dieses Dokument fehlt, können vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, da die Vergleichbarkeit und Verbindlichkeit der Leistungszusagen sonst nicht gewährleistet ist.
Prüfung der SLA-Zusagen: Der Auftraggeber prüft die vom Bieter vorgeschlagenen SLA-Werte auf Plausibilität und Konformität mit den Ausschreibungsvorgaben. Unrealistisch niedrige oder überhöhte Leistungsversprechen werden hinterfragt und müssen ggf. durch geeignete Referenzen oder Erläuterungen untermauert werden. Ziel ist es sicherzustellen, dass die angebotenen Service Levels erreichbar und belastbar sind.
Regelmäßiges SLA-Reporting: Im Vertrag wird festgelegt, dass der Auftragnehmer periodisch über die Einhaltung der Service Levels Bericht erstattet. Vorgesehen sind z.B. monatliche Reports oder vierteljährliche Management-Dashboards, in denen alle relevanten KPI-Ergebnisse transparent dargestellt werden. Diese Berichte dienen der fortlaufenden Kontrolle und als Grundlage für gemeinsame Review-Termine zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer.
Eskalationsverfahren bei Abweichungen: Für den Fall von SLA-Abweichungen sind Eskalationsstufen definiert. Beispielsweise muss eine kritische Nichterfüllung (z.B. längerer Systemausfall über dem tolerierten Limit) unverzüglich an die Verantwortlichen gemeldet werden. Es werden Fristen festgelegt, binnen derer der Dienstleister die Leistung wieder auf das vereinbarte Niveau bringen muss, bevor weitere Konsequenzen greifen. Dieses gestufte Verfahren stellt sicher, dass Leistungsprobleme zeitnah behoben und ansteigende Eskalationen vermieden werden.
Vertragsstrafen und Sanktionen: Bei Nichteinhaltung vereinbarter SLA-Werte treten vertragliche Konsequenzen in Kraft. Dies kann die Verrechnung von Pönalen oder Gutschriften (Service Credits) zur monatlichen Vergütung beinhalten, entsprechend der Schwere der Abweichung. Im Wiederholungsfall oder bei schwerwiegenden Verstößen behält sich der Auftraggeber weitergehende Rechte vor – bis hin zur Kündigung des Vertrags aus wichtigem Grund. Diese Sanktionsmechanismen gewährleisten, dass der Dienstleister starke Anreize hat, die zugesicherten Leistungen einzuhalten.
Zutritts- und Sicherheitssysteme sind besonders kritisch, daher enthält das SLA hierfür verschärfte Vorgaben:
Maximale Verfügbarkeit: Für das elektronische Zutrittskontrollsystem ist eine besonders hohe Verfügbarkeitsquote sicherzustellen (z.B. mindestens 99,9 % Betriebszeit im Jahresmittel). Damit wird gewährleistet, dass alle Zugänge und sicherheitsrelevanten Einrichtungen praktisch durchgängig funktionsfähig bleiben und Ausfälle auf ein absolutes Minimum beschränkt sind.
Schnelle Störungsbehebung: Im SLA sind verkürzte Reaktions- und Reparaturzeiten für Störungen des Zutrittskontrollsystems festgelegt. Kritische Ausfälle (etwa ein vollständiger Systemausfall oder der Ausfall zentraler Leser) müssen typischerweise innerhalb von weniger als 2 Stunden behoben sein, um Sicherheitsrisiken durch unkontrollierten Zutritt zu minimieren. Für weniger kritische Störungen können gestaffelte Zielzeiten gelten, die jedoch deutlich kürzer sind als bei allgemeinen Gebäudesystemen.
Vorfalls- und Ausfallmeldungen: Jegliche sicherheitsrelevanten Vorfälle – z.B. unbefugte Zutrittsversuche, sicherheitsrelevante Störungen oder längere Ausfallzeiten des Zutrittssystems – sind vom Dienstleister innerhalb definierter Fristen zu melden. So ist beispielsweise bei kritischen Sicherheitsvorfällen eine sofortige Benachrichtigung des Auftraggebers vorgeschrieben. Zudem muss bei Systemausfällen innerhalb von 24 Stunden ein schriftlicher Bericht mit Angabe von Ursache und ergriffenen Maßnahmen vorgelegt werden. Dieses Meldewesen stellt sicher, dass der Auftraggeber stets informiert ist und erforderliche Schritte (etwa zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen) zeitnah einleiten kann.
Vertraulichkeit und Datenschutz: Die im Rahmen des Zutrittssystems erfassten Daten (Zugangsprotokolle, Systemleistungsdaten) sind streng vertraulich zu behandeln. Der Zugriff auf diese Informationen ist auf autorisiertes Personal zu beschränken, um Sicherheitsinteressen und Persönlichkeitsrechte zu wahren. Zudem sind die Vorgaben der DSGVO und des BDSG bei Speicherung und Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten strikt einzuhalten (z.B. Verschlüsselung der Logs, beschränkte Aufbewahrungsdauer), um Compliance und Datenschutz zu gewährleisten.
Einhaltung technischer Normen: Die Betriebsbereitschaft und Servicequalität des Zutrittskontrollsystems müssen den einschlägigen technischen Normen entsprechen. Insbesondere sind die Vorgaben aus DIN EN 60839 (Anforderungen an elektronische Sicherheitssysteme, inkl. Zutrittskontrollanlagen) und der Normenreihe DIN VDE 0833 (Planung, Einbau und Betrieb von Gefahrenmeldeanlagen) zu berücksichtigen. Diese Standards dienen als Maßstab für Wartungsintervalle, Reaktionszeiten und Redundanzanforderungen, sodass das Zutrittssystem nach dem aktuellen Stand der Technik betreut wird.
Bestätigung der SLA-Verpflichtungen
Abschließend hat der Bieter eine schriftliche Erklärung abzugeben, dass er die beschriebenen SLA-Leistungsverpflichtungen vollumfänglich akzeptiert und im Falle einer Zuschlagserteilung einhalten wird. Diese Verpflichtungserklärung umfasst auch die Zusage des Auftragnehmers, ein transparentes Berichtswesen über die KPI-Erreichung zu führen und im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses die Servicequalität während der Vertragslaufzeit fortlaufend zu optimieren.
