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Anlagenschemata im FM und in der Prozessindustrie

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Anlagenschemata in der Prozessindustrie und im FM

Anlagenschemata in der Prozessindustrie und im FM

Anlagenschemata sind in der Prozessindustrie wie auch im Facility Management von zentraler Bedeutung. In der Prozessindustrie gilt das Rohrleitungs- und Instrumentenfließschema (Piping and Instrumentation Diagram, P&ID) als "wichtigstes Dokument" für die Anlagenplanung und -errichtung und muss im Betrieb als Informationsgrundlage stets aktuell gehalten werden. Sie sind der Schlüssel zum Verständnis komplexer Anlagen, zur sicheren Steuerung von Prozessen und zur effizienten Instandhaltung. Normen wie DIN EN ISO 10628 oder VDI 3814 schaffen dabei ein gemeinsames Vokabular, das es Ingenieuren und Technikern ermöglicht, auch bereichsübergreifend zusammenzuarbeiten. Im Vergleich wird deutlich, dass die Prozessindustrie Anlagenschemata mit höchster Detailtiefe und formalem Pflichtcharakter nutzt, während im Gebäudemanagement die Schemata stärker funktionsorientiert und in der Aktualisierung teils vom Betreiberengagement abhängig sind. Dennoch geht der Trend in beiden Bereichen dahin, die Dokumentation noch konsequenter zu pflegen und in digitale Gesamtsysteme zu integrieren. Die Herausforderungen der Zukunft – von der digitalen Transformation über den Fachkräftemangel bis zu steigenden Sicherheitsanforderungen – unterstreichen die Notwendigkeit, Anlagenschemata als lebende und wertschöpfende Informationsträger zu behandeln. Nur wenn diese Schemas laufend gepflegt, normgerecht erstellt und in moderne IT-Strukturen eingebunden werden, können sie ihr volles Potenzial entfalten: als unverzichtbares Bindeglied zwischen Mensch, Technik und Organisation.

Definition, Struktur und Bedeutung von Anlagenschemata - Begriffsdefinition

Der Begriff Anlagenschema bezeichnet allgemein ein schematisches Schaubild, das den Aufbau und die Komponenten einer technischen Anlage oder eines Systems in abstrahierter Form darstellt. Dabei werden die einzelnen Anlagenteile – beispielsweise Maschinen, Apparate, Leitungen und Mess- bzw. Regelgeräte – durch normierte grafische Symbole repräsentiert und ihre Verbindungen sowie Signal- oder Stoffflüsse aufgezeigt. In der Prozessindustrie ist für solche Darstellungen insbesondere das Rohrleitungs- und Instrumentenfließschema (R&I-Fließschema) gebräuchlich, international bekannt als Piping and Instrumentation Diagram (P&ID). Ein R&I-Fließschema ist definiert als ein ausführliches Diagramm der Anlagen- und Verfahrenstechnik, das mittels grafischer Symbole für Anlagenteile, Rohrleitungen sowie Mess-, Steuer- und Regelungseinrichtungen die technische Realisierung eines Prozesses veranschaulicht. Im Kontext der Gebäudeautomation und des Facility Management spricht man analog von Anlagenschemata der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik (HLK) oder MSR-Schemata. Häufig werden hier Begriffe wie Funktionsschema, Regelschema oder GA-Fließbild synonym verwendet. Die Norm DIN EN ISO 16484 vermeidet allerdings den Ausdruck "Anlagenschema" für grafische Bedienbilder und bevorzugt stattdessen den Terminus Anlagengrafik bzw. Anlagenbild. Nichtsdestotrotz sind die traditionellen Bezeichnungen in der Praxis fest verankert.

Struktur und typische Elemente

Ein Anlagenschema ist typischerweise als zweidimensionales Diagramm aufgebaut, in dem die wichtigsten Komponenten und ihre Verknüpfungen übersichtlich angeordnet sind. Zur besseren Verständlichkeit werden zusammengehörige Teilanlagen oft in Blöcken oder Sektionsbereichen dargestellt (z. B. Verfahrensstufen in einer chemischen Anlage oder Erzeuger- und Verteilerkreise in einer Gebäudetechnik-Anlage). Die Darstellung erfolgt in der Regel ohne Maßstab, orientiert sich aber an der logischen Funktionsstruktur der Anlage (z. B. von links nach rechts entsprechend der Flussrichtung eines Mediums).

Wesentliche Bestandteile eines Anlagenschemas sind:

  • Apparate und Maschinen: Zentrale Anlageneinheiten wie Behälter, Reaktoren, Pumpen, Wärmetauscher, Kessel oder Lüftungsgeräte werden mit speziellen Symbolen dargestellt und durch alphanumerische Kennzeichen (Tags) eindeutig identifiziert.

  • Leitungen und Flusswege: Rohrleitungen, Kanäle oder elektrische Verbindungen zwischen den Komponenten, meist mit Linien symbolisiert. Ihre Eigenschaften (Durchmesser, Druckstufe, Medium) können durch Kennzeichnungen angegeben sein.

  • Armaturen und Ventile: Schaltbare Einbauten wie Ventile, Absperrklappen, Regelventile, Rückschlagklappen etc., die den Durchfluss steuern oder absperren. Sie werden als Symbole im Leitungszug eingezeichnet und mit Kennzeichen versehen.

  • Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen: Sensoren (z.B. Temperaturfühler, Druckmessumformer) und Aktoren (z.B. Stellventile, Pumpenmotoren) sowie Steuerungskomponenten werden mittels standardisierter MSR-Symbole und Beschriftungen (Messstellen-Tags nach Kennbuchstabenschlüssel) im Schema vermerkt. Diese können in der Gebäudeautomation auch als Fühler und Stellglieder an den betreffenden Stellen angedeutet sein.

  • Fließ- und Signalrichtung: Durch Pfeile wird die Flussrichtung von Medien (z.B. Flussrichtung eines Fluids in Rohren oder die Richtung von Luftströmen in Kanälen) kenntlich gemacht. Auch Signalflüsse (etwa elektrische oder pneumatische Steuerleitungen) können – sofern relevant – durch spezielle Linien oder Pfeile dargestellt werden.

Alle Elemente sind gemäß einschlägigen Normen und Standards symbolisiert, um eine eindeutige Interpretation zu gewährleisten. In der Prozessindustrie existieren hierfür detaillierte Normvorgaben – z.B. grafische Symbole nach DIN EN ISO 10628-2 für Apparate, Rohrleitungsarmaturen und Leitungen sowie die normierten Kennbuchstaben nach ANSI/ISA-5.1 bzw. DIN EN ISO 14617 für Mess- und Regelinstrumente. Zusätzlich regelt IEC-Norm 62424 die einheitliche Darstellung der Automatisierungstechnik im R&I-Diagramm, damit Prozessleitsysteme und CAE-Tools konsistenten Datenaustausch ermöglichen. Im Gebäudebereich werden ebenfalls Standard-Symbole verwendet (z. B. genormte Symbole für Pumpen, Ventilatoren, Ventile etc.), die in technischen Richtlinien (wie VDI 3814 oder branchenspezifischen CAD-Vorlagen) festgelegt sind. Die einheitliche Symbolik erleichtert das Verständnis und den Austausch von Schemata zwischen verschiedenen Beteiligten und Softwarewerkzeugen.

Bedeutung und Funktionen von Anlagenschemata

Anlagenschemata erfüllen eine Reihe zentraler Funktionen in Planung, Betrieb und Management technischer Systeme.

Ihre Bedeutung liegt vor allem in folgenden Aspekten:

  • Planung und Auslegung: Bereits in der Konzeptions- und Entwurfsphase dienen Schemata dazu, das Anlagenkonzept festzulegen und zwischen den Fachdisziplinen (Prozess, Mechanik, Elektro/MSR, TGA-Planung) abzustimmen. Sie bilden die Grundlage für Berechnungen (z.B. Auslegung von Komponenten), für Sicherheitsbetrachtungen und für Behördenunterlagen bei Genehmigungen.

  • Dokumentation und Information: Ein vollständiges, normgerechtes Anlagenschema ist Teil der technischen Dokumentation, die für Bau, Inbetriebnahme und Genehmigung der Anlage erforderlich ist. In der Prozessindustrie ist vorgeschrieben, dass aktuelle R&I-Fließbilder während des Betriebs als Referenz vorliegen müssen. Im Gebäude- und Anlagenbetrieb werden Schemata als Bestandsdokumentation hinterlegt; bei Bauprojekten müssen sie spätestens zur Abnahme vollständig vorliegen, da andernfalls die Übergabe des Projekts verweigert werden kann.

  • Betriebsführung und Überwachung: Im laufenden Betrieb nutzen Betreiber und Techniker die Schemata, um Abläufe zu überwachen und Eingriffe vorzubereiten. Leitstände und Gebäudeleitsysteme visualisieren oft die Anlage in Form von schematischen Grafiken, auf denen Messwerte und Zustände (z. B. Ventilstellungen, Temperaturen) angezeigt werden. Dadurch wird ein schneller Überblick über den Anlagenstatus ermöglicht und bei Störungen kann gezielt reagiert werden.

  • Instandhaltung und Troubleshooting: Wartungs- und Servicepersonal greift auf Anlagenschemata zurück, um die Lage von Komponenten (Ventile, Messstellen, Filter etc.) zu lokalisieren und Wartungsabläufe (wie das Absperren von Leitungsabschnitten oder das Freischalten von Anlagenteilen) sicher durchzuführen. Im Störfall erleichtert das Schema die Fehlersuche, indem es die funktionalen Zusammenhänge aufzeigt. Zudem werden Änderungen oder Erweiterungen an der Anlage in den Schemata dokumentiert (Revisionen), um eine lückenlose Historie der Anlage zu gewährleisten.

  • Schulung und Wissenstransfer: Für das Betriebspersonal und neue Mitarbeiter sind Anlagenschemata ein wichtiges Schulungs- und Verständnismittel. Anhand des Schemas lässt sich der Aufbau und die Funktionsweise der Anlage erklären, ohne dass die realen Komponenten physisch zugänglich sein müssen. Gerade bei komplexen Industrieanlagen oder großen Gebäudekomplexen sind schematische Übersichten unerlässlich, um das Systemverständnis zu fördern.

Anlagenschemata in der Prozessindustrie - Typen und Einsatzbereiche

In der Prozessindustrie – dazu zählen Branchen wie die chemische und petrochemische Industrie, die pharmazeutische Produktion sowie Energieerzeugung (z.B. Kraftwerke, Raffinerien) – sind Anlagenschemata ein zentrales Hilfsmittel, um komplexe verfahrenstechnische Abläufe verständlich und kontrollierbar zu machen.

Man unterscheidet hierbei oft zwischen verschiedenen Fließbildern je nach Detaillierungsgrad:

  • Das Verfahrensfließbild (engl. Process Flow Diagram, PFD) bildet den groben Prozessablauf ab. Es zeigt die Hauptprozesseinheiten (Reaktoren, Kolonnen, Wärmetauscher etc.) und die Hauptströme von Materialien und Energien, jedoch üblicherweise ohne jedes Ventil oder Messgerät. Es dient in frühen Planungsphasen der Übersicht und der Kommunikation des Prozessprinzips.

  • Das Rohrleitungs- und Instrumentenfließschema (R&I) geht einen Schritt weiter ins Detail. Es enthält – aufbauend auf dem Verfahrensfließbild – sämtliche Apparate und Maschinen sowie alle Rohrleitungen, Armaturen und Mess- und Regelinstrumente, die zur Realisierung des Prozesses erforderlich sind. Das R&I-Fließschema (P&ID) stellt damit den vollständigen technischen Entwurf einer Anlage dar und weist von allen Diagrammtypen den höchsten Informationsgehalt auf. So werden z.B. in einem chemischen R&I-Fließbild alle Zu- und Abläufe eines Reaktors mit ihren Rohrnennweiten, alle Ventile (Absperrventile, Sicherheitsventile etc.) und alle Messstellen (Temperatur, Druck, Durchfluss etc.) detailliert dargestellt.

R&I-Schemata werden in allen verfahrenstechnischen Anlagen eingesetzt, von großmaßstäblichen kontinuierlichen Anlagen (z. B. in der Petrochemie) bis hin zu diskontinuierlichen Batch-Prozessen (z. B. in der Pharmaindustrie oder Spezialchemie). Auch in Kraftwerksanlagen (etwa Dampfkraftwerke, Fernwärmeanlagen) werden die Wasser-Dampf-Kreisläufe, Brennstoff- und Kühlsysteme in Form von R&I-Fließbildern dokumentiert. Unabhängig vom Anwendungsfeld ist die Funktion stets, einen kompletten funktionalen Plan der Anlage bereitzustellen, der als Grundlage für Auslegung, Automatisierung und Sicherheitsbetrachtungen dient. Bei sicherheitskritischen Anlagen (z.B. Chemieanlagen mit Gefahrstoffen oder Kernkraftwerken) sind aktuelle R&I-Schemata insbesondere wichtig, um Gefahrenanalysen (z.B. HAZOP-Studien) durchzuführen und Notfallmaßnahmen abzuleiten.

Erstellung, Konventionen und Pflege

Die Erstellung von Anlagenschemata in der Prozessindustrie erfolgt üblicherweise durch Anlagenplaner bzw. Verfahrensingenieure in Zusammenarbeit mit Experten der Mess-, Steuerungs- und Regeltechnik (MSR) und anderen Fachbereichen. Dabei kommen spezialisierte CAD/CAE-Softwaretools zum Einsatz (z. B. AutoCAD P&ID, AVEVA Diagrams, COMOS oder ähnliche), welche die Verwendung standardisierter Symbolbibliotheken und die Konsistenz der Daten (Tags, Leitungsnummern, etc.) sicherstellen. Unternehmen haben oft interne Zeichnungsrichtlinien, die ergänzend zu den Normen die Darstellungsweise festlegen (etwa Farbcodes, Zusatzsymbole oder Beschriftungsschemata). So wird gewährleistet, dass alle P&IDs eines Projekts oder Standorts einheitlich und verständlich sind.

International ist die Normung in diesem Bereich weit fortgeschritten: Für die Darstellung der Apparate und Rohrleitungen ist die DIN EN ISO 10628 (Teile 1 und 2) maßgeblich, während für Instrumentierungssymbole der amerikanische Standard ISA‑5.1 seit langem als De-facto-Standard gilt (in Europa teils in angepasster Form übernommen). Die konsistente Kennzeichnung von Messstellen und Stellgliedern erfolgt häufig nach dem in DIN EN ISO 10628 bzw. IEC 62424 hinterlegten Buchstaben-Code (z.B. TIC für eine temperaturgesteuerte Regelkette). In Deutschland existierten historische Normen wie die DIN 19227 für R&I-Schemata, die jedoch inzwischen durch internationale Standards (IEC 62424) abgelöst wurden. Die Einhaltung dieser Normen ist nicht nur eine Frage der Qualitätssicherung, sondern wird in regulierten Branchen auch von Aufsichtsbehörden und Audits überprüft.

Ein wichtiges Merkmal in der Prozessindustrie ist die strikte Pflege und Aktualisierung der Anlagenschemata über den gesamten Anlagenlebenszyklus. Jede Anlagenänderung (Änderung von Armaturen, neue Messstellen, Umbauten etc.) durchläuft ein formales Management-of-Change-Verfahren, in dessen Verlauf das R&I-Diagramm entsprechend angepasst und freigegeben werden muss. Dies ist nicht zuletzt deshalb erforderlich, weil das R&I-Schema im Störfall oder Unfall die Grundlage für die Einsatzkräfte und die Ursachenermittlung bildet. Das Bewusstsein für die Wichtigkeit aktueller Schemata ist in der Prozessindustrie stark verankert; veraltete oder unvollständige Fließbilder gelten als ernsthaftes Betriebsrisiko.

Anlagenschemata im Facility Management und der Gebäudetechnik - Anwendungsfelder und Darstellungsarten

Im Bereich des Facility Managements umfasst die technische Infrastruktur vor allem die Technische Gebäudeausrüstung (TGA), einschließlich Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und Sanitäranlagen sowie der Gebäudeautomation. Anlagenschemata spielen hier eine ähnlich wichtige Rolle wie in der Industrie, allerdings beziehen sie sich auf gebäudetechnische Systeme. Typische Beispiele sind Schemata für Heizungsanlagen (Wärmeerzeugung und -verteilung), Kälteanlagen (Kälteerzeuger, Kühltürme, Kühlkreisläufe), Lüftungsanlagen (Raumlufttechnik mit Zu- und Abluft, Wärmerückgewinnung) oder Gebäudeleittechnik-Übersichten. Diese Diagramme zeigen etwa, wie Kessel, Pumpen, Ventile, Rohrleitungen und Regelkomponenten in einer Heizanlage zusammenwirken, oder wie in einer Lüftungszentrale die Luftströme durch Ventilatoren, Filter und Wärmeübertrager geführt werden.

Die Erstellung solcher Schemata erfolgt in der Regel durch die TGA-Fachplaner (Ingenieurbüros für Versorgungs- und Gebäudetechnik) im Rahmen der Ausführungsplanung eines Bauprojekts. Die Schemata werden oft in den technischen Planungsunterlagen (z. B. als Teil der Werk- und Montageplanung) mitgeliefert und dienen der Abstimmung zwischen Gewerken (Heizung, Lüftung, Regelung, Elektro). Ein HLK-Anlagenschema (Heizung-Lüftung-Klima) zeigt beispielsweise in vereinfachter Form alle Komponenten einer Gebäudeanlage vom Wärmeerzeuger bis zu den Regelventilen in den Heizkreisen. Dabei werden standardisierte Symbole eingesetzt – etwa gemäß einschlägigen Richtzeichnungen oder Normen – damit jedes Ventil, jede Pumpe und jeder Wärmetauscher eindeutig erkennbar ist. Im Gegensatz zur verfahrenstechnischen Industrie sind in Gebäudeschemata detaillierte Angaben wie Rohrnennweiten oder Materialien nicht immer im Diagramm eingetragen, sondern teils in Begleitdokumenten (Tabellen, Stücklisten) festgehalten. Wichtig ist jedoch die funktionale Darstellung: Welche Komponenten sind wie verschaltet, wo befinden sich Sensoren und Aktoren, und wie fließen Wasser, Luft oder Energie durch das System.

Neben den statischen Planungsdokumenten werden Anlagenschemata im Gebäudebetrieb auch dynamisch genutzt: Moderne Gebäudeleitsysteme (GLT) stellen häufig eine grafische Bedienoberfläche bereit, die als schematisches Anlagenbild gestaltet ist. Der Betreiber oder die Leitwarte sieht dort eine Visualisierung der Anlage ("GA-Grafik") mit Live-Daten – zum Beispiel Temperaturen, Ventilstellungen oder Alarmmeldungen – eingeblendet an den entsprechenden Stellen. Dies erleichtert die Überwachung komplexer gebäudetechnischer Anlagen erheblich, da der Zustand des Systems auf einen Blick im Kontext der Anlagenstruktur erkennbar ist. Die Begriffe Anlagenbild oder GA-Funktionsgrafik werden in diesem Zusammenhang ebenfalls verwendet. Sofern ein aktuelles Schema nicht vorliegt, muss es für solche Visualisierungen oft nachträglich erstellt werden; in der Praxis kommt es nämlich vor, dass für Bestandsanlagen keine digitalen Schematics verfügbar sind. Ein fehlendes Schema kann dann durch Vor-Ort-Begehungen und Auswertung von Dokumentationen rekonstruiert werden, was jedoch zeitaufwändig ist und Fehlerpotenzial birgt.

Richtlinien, Normen und Dokumentation in der Gebäudetechnik

Für Anlagenschemata im Gebäude- und FM-Kontext existieren ebenfalls anerkannte Regelwerke, wenngleich der Fokus oft breiter gefasst ist (Gebäudeautomation umfasst neben der Visualisierung auch Steuerungsfunktionen, IT-Integration etc.). Die internationale Normenreihe DIN EN ISO 16484 ("Building Automation and Control Systems", BACS) definiert grundlegende Prinzipien für die Projektierung und den Betrieb von Gebäudeautomationssystemen. Sie behandelt zwar primär Architektur, Hardware, Software und Kommunikation (etwa BACnet-Protokoll in Teil 5), beinhaltet aber auch Anforderungen an Funktionsbeschreibungen und Benennungskonventionen, die indirekt die Erstellung von Anlagengrafiken beeinflussen. In Deutschland konkretisiert die VDI-Richtlinienreihe 3814 (2019 neu aufgelegt) das Thema Gebäudeautomation: Blatt 1 liefert Definitionen und Grundlagen, Blätter 2.x behandeln die Planung (inkl. Lastenhefte, Schnittstellen) und Blätter 3.x/4.x bieten Hilfestellungen zur Funktionsbeschreibung und zur Dokumentation. So wurden beispielsweise die zuvor getrennten Bereiche der Anlagenautomation (VDI 3814 alt) und Raumautomation (VDI 3813) in der neuen Richtlinie zusammengeführt, wobei weite Teile der alten Inhalte in die ISO 16484 eingeflossen sind. Diese Harmonisierung sorgt für einheitliche Begriffe und Konzepte, was auch für die Erstellung von Schemata hilfreich ist.

Bei Bauprojekten ist die Lieferung ausführlicher Bestandsdokumentationen inklusive Anlagenschemata vertraglich festgeschrieben (gemäß VOB/C, z.B. DIN 18386 für Gebäudeautomation). Der Betreiber eines Gebäudes erhält also beim Abschluss eines Neubau- oder Sanierungsprojekts Planunterlagen, in denen alle Anlagensysteme schematisch dargestellt sind. Diese Unterlagen bilden die Grundlage für den späteren Betrieb und die Instandhaltung. Änderungen an der Anlage (z.B. Nachrüstungen, Umbauten) sollten vom Facility Management in den Schemata nachgeführt werden, damit die Dokumentation aktuell bleibt. In der Praxis wird dies jedoch nicht immer konsequent umgesetzt – insbesondere bei kleinen Änderungen bleibt die Planaktualisierung manchmal aus, was langfristig zu Verständnisproblemen führen kann. Dennoch gewinnen digitale Lösungen an Bedeutung: etwa CAFM-Systeme, die Wartungsobjekte mit Anlagenplänen verknüpfen, oder BIM-Modelle, die neben 3D-Geometrien auch schematische Darstellungen und Datenbanken der TGA-Komponenten enthalten. Diese Entwicklungen werden in Kapitel 8 zur digitalen Transformation genauer behandelt.

Vergleich der Prozessindustrie und des Facility Management

Sowohl in der Industrie als auch im Gebäudemanagement erfüllen Anlagenschemata vergleichbare Grundfunktionen. In beiden Bereichen dienen sie der Visualisierung komplexer technischer Systeme, erleichtern die Kommunikation zwischen Fachleuten und bilden eine unverzichtbare Basis für Betrieb, Wartung und Planung von Änderungen. Die verwendeten Symbole und Darstellungsregeln sind branchenspezifisch, folgen aber dem Prinzip der Standardisierung, sodass ein Schema von geschulten Personen eindeutig verstanden werden kann. Allerdings gibt es auch erhebliche Unterschiede aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen und Rahmenbedingungen in den beiden Sektoren.

Tabelle 1 stellt einige der wichtigsten Unterschiede und Gemeinsamkeiten gegenüber:

Aspekt

Prozessindustrie

Facility Management / Gebäudetechnik

Typische Inhalte

Vollständige Darstellung aller Apparate, Rohrleitungen, Armaturen und Messstellen eines Produktionsprozesses (maximale Detailtiefe). Auch Sicherheits- und Regelungseinrichtungen werden umfassend abgebildet.

Darstellung der gebäudetechnischen Komponenten (Kessel, Lüfter, Pumpen, Ventile etc.) und deren Verschaltung. Fokus auf Hauptkomponenten und Funktionsabläufe, weniger auf jedes einzelne Detail. In der Regel keine Einzelabbildung aller Sensoren/Aktoren, außer falls für das Verständnis nötig.

Komplexität und Umfang

Große Anlagen umfassen oft dutzende bis hunderte R&I-Fließbilder; jedes P&ID kann sehr komplex sein (mit hunderten Symbolen). Die Informationsdichte ist hoch, einschl. Kenndaten (Nennweiten, Werkstoffe, Tag-Nummern).

Gebäudeschemata sind meist überschaubarer: eine Anlage (z.B. Heizungsanlage) lässt sich oft auf einem Schema darstellen. Komplexe Liegenschaften haben mehrere Teilschemata (Heizung, Kälte, Lüftung separat). Detailinformationen (z.B. Rohrdimensionen) werden oft ausgelagert.

Regulatorische Anforderungen

Strenge Vorgaben: In genehmigungspflichtigen Anlagen (z.B. Chemieanlagen, Störfallbetrieb) sind aktuelle R&I-Diagramme vorgeschrieben. Aufsichtsbehörden oder Auditoren (z.B. im Pharma-GMP-Kontext) prüfen die Dokumentation regelmäßig.

Weniger gesetzlicher Zwang: Für Gebäude ist eine vollständige Anlagendokumentation zwar in Verträgen (VOB) gefordert, aber nach Bauabnahme obliegt die Aktualität der Dokumente dem Betreiber. Behörden fordern i.d.R. nur bei sicherheitsrelevanten Einrichtungen (z.B. Brandschutz, Aufzüge) Nachweise.

Erstellung und Verantwortung

Erstellung durch Prozessingenieure und Anlagenplaner, häufig im Zuge von Anlagenprojekten durch Engineering-Firmen. Verantwortung während des Betriebs meist bei der Anlagen- bzw. Dokumentationsabteilung; Änderungen nur nach formalem Freigabeprozess (Management of Change).

Erstellung durch TGA-Fachplaner und ausführende Firmen (MSR-Gewerke) im Bauprojekt. Im Betrieb liegt die Verantwortung beim Facility Manager bzw. Betreiber. Änderungen werden oft pragmatisch durch externe Dienstleister umgesetzt; die Nachpflege der Pläne hängt vom Engagement des Betreibers ab.

Aktualisierung und Pflege

Essenziell und verpflichtend: Kein Eingriff in die Anlage ohne Aktualisierung des P&IDs; Änderungen fließen unmittelbar in die Dokumentation ein. Veraltete Schemata gelten als ernstes Risiko (z.B. falsches Schließen eines Ventils bei Notfall).

Wichtig, aber nicht immer konsequent: Größere Umbauten (z.B. neuer Kessel) führen meist zu Planaktualisierungen, kleine Änderungen bleiben mitunter undokumentiert. Es besteht eine gewisse Toleranz, solange die Sicherheit nicht beeinträchtigt ist – allerdings erschwert dies langfristig den Betrieb und Troubleshooting.

Nutzung im Tagesbetrieb

Bedienpersonal nutzt R&I-Pläne als Nachschlagewerk, v.a. bei Störungen oder Wartungen (z.B. Ventillisten für Absperrprozeduren). In Leitwarten werden eher abstrahierte Prozessbilder verwendet als das volle P&ID. Dennoch sind die Schemata ständig verfügbar und werden z.B. bei HAZOP-Analysen oder Schulungen intensiv genutzt.

Hausmeister, Techniker und Facility Manager nutzen Anlagenschemata, um z.B. die Hydraulik einer Heizungsanlage zu verstehen oder bei einer Störungsmeldung die betroffene Anlage zu identifizieren. Moderne Gebäudeleittechnik visualisiert Anlagen vereinfacht grafisch, sodass im Alltag oft die BMS-Oberfläche anstelle eines Papierplans genutzt wird. Für detaillierte Analysen oder Umbauplanungen werden die Schemata jedoch herangezogen.

Software und Datenintegration

Spezialisierte CAE-Software für P&IDs, oft gekoppelt mit Datenbanken (für Stücklisten, Instrumentenlisten). Datenformate zunehmend standardisiert (z.B. DEXPI/XML für P&IDs), Integration mit 3D-Anlagenplanungssoftware und ERP-Systemen (Wartungsmanagement).

TGA-Schemata werden teils in CAD (2D) gezeichnet, zunehmend auch aus BIM-Modellen abgeleitet. CAFM-Systeme können Anlagenstruktur abbilden, aber oft ohne automatische Graphik. Austauschformate sind weniger etabliert; im Kommen sind jedoch BIM-Standards (IFC) für TGA sowie Ansätze, Gebäudeautomation und digitale Zwillinge zu verknüpfen.

Tabelle 1: Gegenüberstellung wesentlicher Merkmale von Anlagenschemata in Prozessindustrie und Facility Management.

Relevante Normen und Standards

Für die Erstellung und Interpretation von Anlagenschemata existiert eine Reihe von Normen und Richtlinien, die eine einheitliche Darstellung und Begriffsdefinition sicherstellen.

Im Folgenden sind einige der wichtigsten Regelwerke für die beiden betrachteten Bereiche aufgeführt:

  • DIN EN ISO 10628-1 und 10628-2 :"Schemata für die chemische und petrochemische Industrie" (Teile 1: Spezifikation der Schemata, Teil 2: Graphische Symbole). Diese internationalen Normen legen fest, wie Verfahrensfließbilder und R&I-Fließbilder inhaltlich aufzubauen sind und welche Symbole zu verwenden sind. Sie sind in Europa (als EN) und Deutschland (als DIN ISO) gültig und ersetzen ältere nationale Normen. Teil 1 definiert Inhalte und Mindestangaben, Teil 2 enthält ein Symbolkatalog für Apparate, Leitungen, Instrumente usw.

  • IEC 62424 / DIN EN 62424 :"Darstellung von PLT-Aufgaben – Fließbilder und Datenaustausch zwischen Fließbilderstellungs- und CAE-Werkzeugen" (IEC 62424:2016). Diese Norm behandelt speziell die Einbindung der Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik (PLT = Prozessleit- und -steuertechnik) in Fließschemata. Sie stellt sicher, dass Instrumentierungsinformationen konsistent zwischen dem R&I-Diagramm und anderen Planungstools ausgetauscht werden können. Die IEC 62424 wurde in Deutschland als DIN-Norm übernommen und löste die vormalige DIN 19227 ab.

  • ANSI/ISA-5.1 :"Instrumentation Symbols and Identification". Dieser US-amerikanische Standard (erstmals 1984, aktuell in Revision 2024) ist weltweit verbreitet und definiert systematisch die Kennbuchstaben (Tag-Kennzeichnungen) und graphischen Symbole für Messgeräte, Aktoren und sonstige Instrumentierung. In der Prozessindustrie wird er häufig ergänzend zu ISO-Normen verwendet, insbesondere für die Ausarbeitung konsistenter Instrumentierungskennzeichnungen (z.B. TT = Temperatursensor, FV = Durchflussregelventil). Eine konsolidierte Fassung ISA-5.1 wurde 2009 veröffentlicht, neuere Updates berücksichtigen modernere Instrumententypen.

  • DIN EN ISO 16484 (Teile 1–6) : "Gebäudeautomation und Gebäudemanagement" (mehrteilig, z.B. Teil 1: Projektierungsgrundsätze, Teil 2: Hardware, Teil 3: Funktionen, Teil 5: Kommunikationsprotokoll BACnet). Diese Normenreihe bildet den Rahmen für die Planung und Umsetzung von Gebäudeautomationssystemen. Zwar liegt der Schwerpunkt auf Funktionen und Schnittstellen der Automation, doch werden auch Anforderungen an die Dokumentation und die Bedienerebene gestellt. So definiert die ISO 16484 u.a. Begriffe wie Management-Ebene, Automationsstation etc., die für das Verständnis von GA-Schemata relevant sind. In der Praxis dient die Norm vor allem als Referenz für Ausschreibungen und Qualitätsanforderungen in der GA.

  • VDI 3814 : "Gebäudeautomation (GA)" Richtlinienreihe. Die VDI 3814 (Neuauflage 2019) ist ein umfangreiches Regelwerk, das die Planung, Ausführung, Übergabe und den Betrieb von Gebäudeautomationsanlagen behandelt. Sie enthält praxisorientierte Leitlinien, z.B. zur Erstellung von Lastenheften (Blatt 2.1), zur Systemintegration und IT-Sicherheit (Blatt 2.2), zur Beschreibung von GA-Funktionen als Funktionsblöcke (Blatt 3.1) und zur strukturierten Adressierung und Dokumentation (Blatt 4.x). Die VDI 3814 ergänzt und konkretisiert die Vorgaben der ISO 16484 im deutschen Kontext und genießt in der Branche Normcharakter. Planer und Integratoren orientieren sich bei der Erstellung von GA-Dokumentationen – einschließlich Anlagenschemata – an diesen Richtlinien.

  • VDI 3810 Blatt 1 : "Betreiben und Instandhalten gebäudetechnischer Anlagen". Diese Richtlinie gibt dem Betreiber Hilfestellung für den ordnungsgemäßen Betrieb, einschließlich der Pflichten zur Dokumentation, regelmäßigen Wartung und Prüfungen. Sie fordert u.a., dass alle für den Betrieb relevanten Unterlagen (Schaltpläne, Schemata, Bedienungsanleitungen) verfügbar und aktuell gehalten werden. Somit schlägt sie die Brücke von der Planungsdokumentation zur Betriebspraxis im Facility Management.

  • Weitere Regelwerke: Neben den genannten sind z.B. die DIN EN ISO 9001 (Qualitätsmanagement, fordert lenkbare Dokumente), branchenspezifische Vorschriften (wie GMP-Regeln in der Pharmaindustrie, die vollständige Anlagendokumentation verlangen) und ergänzende Normen für Zeichnungen (z.B. ISO 5457 für Zeichnungslayouts, ISO 7200 für Schriftfelder) von Bedeutung. Auch werksinterne Standards spielen eine Rolle, sofern sie mit den oben genannten Normen im Einklang stehen.

Anforderungen an Betriebsführung, Instandhaltung und Dokumentation

Eine sichere und effiziente Betriebsführung setzt voraus, dass die Dokumentation der Anlage – insbesondere die Anlagenschemata – vollständig, leicht zugänglich und aktuell ist. Für Betreiber in der Prozessindustrie ist es verpflichtend, die R&I-Fließbilder als "lebende Dokumente" zu führen: Sie müssen jederzeit den realen Anlagenzustand widerspiegeln. Dies wird häufig durch betriebsinternes Regelwerk (z.B. Dokumentenlenkungs-Prozeduren im Qualitätsmanagement nach ISO 9001) vorgeschrieben. Instandhaltungsingenieure und Betriebspersonal arbeiten mit den Schemata, um Wartungspläne zu erstellen (etwa welche Armaturen vor Arbeiten zu schließen sind) und um bei Anlagenstörungen rasch Entscheidungen treffen zu können. Die Schemata sollten daher an zentraler Stelle (etwa in einem Dokumenten-Management-System, DMS) in ihrer aktuellen Revision verfügbar sein.

In der Praxis der Instandhaltung dienen Anlagenschemata als Navigationshilfe durch die Anlage. Wartungsaufträge in der Prozessindustrie (etwa der Tausch eines Ventils) sind im SAP- oder CAE-System mit den entsprechenden Tag-Nummern verknüpft, die im P&ID auffindbar sind. Oft werden im Feld an Anlagenkomponenten Beschriftungen angebracht (Typenschilder mit Tag-Code), sodass Techniker vor Ort die Komponente eindeutig dem Plan zuordnen können. Eine Herausforderung besteht darin, Änderungen zeitnah vom Feld in die Dokumentation zurückzuführen: Beispielsweise müssen nach dem Austausch eines Instruments dessen neue Kennung und Datenblatt im Schema bzw. den Begleitlisten aktualisiert werden. Hierfür etablieren Betreiber formale Änderungsprozesse, bei denen nach Abschluss einer Änderung eine As-built-Dokumentation erstellt wird, die vom verantwortlichen Ingenieur freigegeben wird.

Im Facility Management ist die Situation ähnlich bedeutend, aber oft weniger reglementiert. Nach Abschluss eines Bauprojekts übernimmt der FM die Bestandsdokumentation (inkl. Anlagenschemata) und muss diese fortschreiben, wenn bspw. ein neuer Wärmeerzeuger installiert oder eine Anlage erweitert wird. Es liegt in der Verantwortung des Betreibers, diese Unterlagen aktuell zu halten, da sie die Grundlage für alle betrieblichen Maßnahmen bilden – von der regelmäßigen Wartung (z.B. Filterwechsel in einer Lüftungsanlage) bis zur Störungsanalyse. In vielen Organisationen werden zu diesem Zweck Computerized Maintenance Management Systeme (CMMS) oder CAFM-Software eingesetzt, in die wesentliche Anlagendaten (Gerätelisten, Wartungsfristen, Ansprechpartner) eingepflegt sind. Eine Verknüpfung zwischen solchen Systemen und den Anlagenschemata (etwa durch Hyperlinks oder integrierte Grafiken) ist ideal, aber noch nicht überall umgesetzt.

Dokumentation und digitale Archivierung spielen eine entscheidende Rolle: Anlagenschemata durchlaufen häufig mehrere Revisionen im Laufe der Jahrzehnte des Anlagenbetriebs. Die ordnungsgemäße Versionierung (mit Revisionsstand, Datum, Verantwortlichem) ist wichtig, um nachvollziehen zu können, welche Änderungen wann erfolgt sind. In sicherheitskritischen Branchen schreibt die Behörde ggf. vor, dass Änderungen erst nach Aktualisierung der Dokumentation endgültig abgenommen werden. Auch im Gebäudebereich steigt das Bewusstsein, dass aktuelle Pläne Bestandteil der Betreiberpflichten sind – unter anderem zur Haftungsabsicherung, falls durch fehlerhafte Dokumentation Schäden entstehen. Daher empfiehlt etwa die VDI 3810, die Dokumentation als integralen Bestandteil des technischen Gebäudebetriebs zu betrachten und regelmäßig zu überprüfen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass gepflegte Anlagenschemata ein Schlüsselelement der Betriebsführung sind. Sie ermöglichen es, den Überblick über komplexe Anlagen zu bewahren, Arbeiten effektiv zu koordinieren und die Betriebssicherheit zu erhöhen. Die Digitalisierung vereinfacht zwar den Zugriff (digitale Planarchive, mobile Endgeräte, Augmented Reality für Wartung), ersetzt aber nicht die Notwendigkeit sachgerechter Inhalte. Diese inhaltlichen Anforderungen – Vollständigkeit, Richtigkeit, Einheitlichkeit – bleiben unabhängig vom Medium bestehen und stellen hohe Ansprüche an Organisation und Personal im technischen Betrieb.

Digitale Transformation: BIM, CAFM, DMS und Industrie 4.0

Die fortschreitende digitale Transformation beeinflusst auch die Erstellung und Nutzung von Anlagenschemata in beiden Bereichen erheblich. Ein zentrales Stichwort ist der Digitale Zwilling: Sowohl die Prozessanlage als auch das Gebäude sollen digital in all ihren relevanten Aspekten abgebildet werden, um Planung, Betrieb und Auswertung zu optimieren. Anlagenschemata sind dabei ein wichtiger Teil des digitalen Zwillings, da sie die logische Struktur der Anlage repräsentieren.

Industrie 4.0 in der Prozessindustrie zielt darauf ab, die physische und die digitale Welt nahtlos zu verknüpfen. Traditionell lagen P&IDs zunächst auf Papier vor, wurden später mit CAD-Tools gezeichnet und liegen heute als intelligente digitale Daten vor. Der nächste Schritt ist die Integration dieser Daten sowohl horizontal (zwischen verschiedenen CAE-Anwendungen) als auch vertikal (zwischen P&ID, 3D-Anlagenmodell und Betriebsleitsystem). In einer voll digitalen Umgebung könnten Ingenieure zeitgleich an einem P&ID arbeiten, Änderungen sofort nachvollziehen und die Daten mit anderen Systemen (z.B. mit dem 3D-Modell oder mit dem ERP-System) synchronisieren. In der Realität sind wir von dieser Vision noch ein Stück entfernt: Immer noch kommt es vor, dass ein Planer das Fließbild in Software A erstellt, der Betreiber aber Software B nutzt und die Daten nicht ohne Weiteres übertragen werden können. Solche Medienbrüche führen dazu, dass digitale Schemata manuell nachgezeichnet oder als PDFs ohne weitere Datenintelligenz ausgetauscht werden. Um dem entgegenzuwirken, treiben Industriekonsortien wie DEXPI (Data Exchange in the Process Industry) offene Datenstandards voran, die einen verlustfreien Austausch von P&ID-Daten ermöglichen sollen. So basiert DEXPI auf einem XML-Schema (Proteus) und definiert ein herstellerneutrales Datenmodell für P&IDs, das z.B. in OPC-UA eingebunden werden kann. In Zukunft könnten so alle Anlagenplanungs- und Betriebsprogramme auf eine gemeinsame Informationsbasis zugreifen.

Auch im Anlagenbetrieb eröffnen digitale Ansätze neue Möglichkeiten: Vernetzte Sensoren (IoT) liefern Echtzeitdaten, die im Kontext des Anlagenschemas ausgewertet werden können; Augmented-Reality-Brillen könnten einem Wartungstechniker vor Ort das passende Ausschnitt des R&I-Plans ins Sichtfeld einblenden, zusammen mit Live-Messwerten. Zudem erlauben Data Analytics und KI, Anomalien im Betrieb frühzeitig zu erkennen – ein aktuelles, digitales Prozessschema kann hierbei als Referenz dienen, um betroffene Anlagenteile und Messstellen automatisch zu identifizieren.

Im Gebäudemanagement verläuft die Entwicklung analog, wenn auch mit etwas anderen Schwerpunkten. Hier hat sich Building Information Modeling (BIM) als Methode etabliert, um bereits in der Planungsphase ein digitales Gebäudemodell aufzubauen, das neben der 3D-Geometrie auch alphanumerische Informationen zu allen Bauteilen und Anlagen enthält. Dieses Modell kann neben Grundrissen und Ansichten auch schematische Darstellungen generieren. Theoretisch steht dem Facility Manager damit beim Bezug eines Neubaus ein vollständiger digitaler Zwilling des Gebäudes zur Verfügung, der mit einem Computer Aided Facility Management (CAFM)-System verknüpft werden kann. In der Praxis ist die Integration von BIM-Daten in die FM-Werkzeuge jedoch noch im Aufbau – häufig werden weiterhin 2D-Pläne und Schemata als PDF bereitgestellt, die erst durch manuelle Arbeit in CAFM-Strukturen überführt werden. Dennoch gibt es Pilotprojekte, in denen z.B. BIM-Modelle direkt mit Wartungsplänen verknüpft sind oder Sensoren in Gebäuden (z.B. für Raumklima, Energieverbrauch) in Echtzeit mit dem digitalen Modell kommunizieren.

Ein weiterer Aspekt ist die Dokumentenverwaltung (DMS): Digitalisierung hat die Archivierung und Verteilung von Plänen revolutioniert. Früher lagen Ordner mit Papierplänen in Technikzentralen; heute stehen digitale Planserver oder Cloud-Systeme zur Verfügung, auf die alle Beteiligten zugreifen können. Versionierung, Zugriffsrechte und Änderungsverfolgung lassen sich darüber viel effizienter steuern. Im Gebäudebereich ermöglichen mobile Endgeräte (Tablets) den Technikern, vor Ort die aktuellen Schemas aufzurufen und etwa Checklisten digital abzuarbeiten. Die öffentliche Hand und große Unternehmen setzen vermehrt auf solche Lösungen: In der öffentlichen Verwaltung wurden bereits vor Jahren liegenschaftsübergreifende FM-Systeme aufgebaut, die GA-Daten integrieren. Moderne GA-Systeme wachsen mit IT-Trends zusammen: Begriffe wie Internet of Things (IoT), Künstliche Intelligenz (KI) oder Virtuelle Realität (VR) halten Einzug und verändern die Gebäudetechnik grundlegend. So könnten etwa in Zukunft selbstlernende Algorithmen anhand von vernetzten Sensoren Optimierungen im HLK-Betrieb vorschlagen und das Anlagenschema dynamisch mit Soll-Zustand und Ist-Zustand vergleichen.

Insgesamt führt die digitale Transformation dazu, dass Anlagenschemata nicht mehr isolierte Zeichnungen sind, sondern Teile eines vernetzten Informationssystems. Die Herausforderung besteht darin, Menschen, Prozesse und Technik so zu verbinden, dass aus der Datenfülle echter Mehrwert entsteht – seien es effizientere Planungsabläufe, ein energieoptimierter Betrieb oder eine erhöhte Ausfallsicherheit. Standards und offene Schnittstellen spielen dabei eine entscheidende Rolle, um Insellösungen zu vermeiden und die Interoperabilität zwischen verschiedenen Softwarewerkzeugen zu gewährleisten. Die nächsten Jahre werden zeigen, inwieweit sich die Vision des vollständig digitalen Anlagenabbilds in beiden Branchen realisieren lässt.