Barcodesysteme im TFM
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Barcodesysteme im TFM – Einsatz, Prozesse und Wertbeitrag
TFM umfasst alle Dienstleistungen zum Betrieb und Erhalt der technischen Infrastruktur von Immobilien, einschließlich Wartung, Inspektionen, sicherheitsrelevanter Prüfungen und Energiemanagement. In modernen, technisierten Liegenschaften – also Gebäuden mit umfangreicher technischer Ausstattung – fallen tausende technische Objekte an, die über große Areale verteilt sein können. Damit stellt sich die Herausforderung, all diese Anlagen effizient zu inventarisieren, ihren Zustand und Wartungsstatus jederzeit abrufen zu können und durch schnelle Rückmeldungen Störungen sowie Wartungsarbeiten lückenlos zu dokumentieren.
Ein Barcodesystem – oder vergleichbare Kennzeichnungstechnologien wie QR-Codes oder RFID – kann hier entscheidende Vorteile bieten. Durch das Anbringen eindeutiger Identifikationscodes an Anlagen und technischen Komponenten lässt sich jedes Objekt schnell und fehlerfrei identifizieren. Per Scanner oder Smartphone können Techniker vor Ort Informationen zum Objekt abrufen (Beauskunftung) und erledigte Arbeiten oder Beobachtungen direkt zurückmelden (Rückmeldung). Dies unterstützt ein papierloses Informationsmanagement und eine strukturierte Dokumentation aller Vorgänge, was gerade im technischen Facility Management für Qualität und Rechtssicherheit essentiell ist.
Gleichzeitig sind zahlreiche rechtliche Vorgaben und Normen zu beachten, die eine regelmäßige Instandhaltung und Überprüfung technischer Anlagen vorschreiben. So müssen z.B. elektrische Anlagen und Maschinen gemäß DGUV Vorschrift 3 und den einschlägigen DIN-VDE-Normen in festen Intervallen durch befähigte Elektrofachkräfte geprüft werden. Um diese Prüfungen rechtssicher zu dokumentieren, wird in der Praxis jedes Gerät mit einer individuellen ID gekennzeichnet – häufig in Form eines Barcodes oder QR-Codes – sodass Prüfnachweise eindeutig dem jeweiligen Objekt zugeordnet werden können. Ein Beispiel ist die Kennzeichnung geprüfter Maschinen mit Barcode-Etiketten, über die das digitale Prüfprotokoll sofort per QR-Scan abrufbar ist. Solche Systeme stellen sicher, dass alle relevanten Informationen wie Standort, letzte Prüfschritte, Fälligkeiten der nächsten Prüfung und Prüfergebnisse jederzeit verfügbar sind.
Ein Barcodesystem im technischen Facility Management ist heute eine bewährte Best Practice, die mit überschaubarem Aufwand große Nutzenpotenziale freisetzt. Es unterstützt Facility Manager dabei, ihre zentralen Ziele – Verfügbarkeit der technischen Anlagen, Sicherheit, Kosteneffizienz und Dokumentation – zu erreichen. In Deutschland, wo Standards und Rechtspflichten hoch sind, bildet es ein essentielles Werkzeug, um diese Anforderungen überhaupt erfüllen zu können. Werterhalt und Wertschöpfung einer Immobilie werden damit verbessert, denn eine gut gewartete Anlage, die lückenlos dokumentiert ist, behält ihren Wert und funktioniert zuverlässiger.
- Rahmenbedingungen
- Technologien
- Realisierung
- Prozesse
- Informationsbereitstellung
- Rückmeldung
- Detailaspekte
Rahmenbedingungen und Anforderungen im technischen Facility Management
Die Aufgaben des technischen Facility Managements sind vielfältig: Sie reichen von planmäßiger Wartung und Inspektion gebäudetechnischer Anlagen (z.B. Klimaanlagen, Aufzüge, elektrische Systeme) über die Störungsbehebung bis hin zur Einhaltung von Sicherheitsvorschriften. Sicherheit und Zuverlässigkeit stehen dabei an oberster Stelle, da Ausfälle kritischer Anlagen nicht nur finanzielle Verluste, sondern auch Gefahren für Menschen bedeuten können. In sicherheitsrelevanten Bereichen schreiben Gesetze und Verordnungen daher verbindliche Wartungsintervalle vor – Beispiele sind Prüffristen für Brandmeldeanlagen, Aufzüge oder Elektroprüfungen nach DGUV V3. Facility Manager müssen nachweisen können, dass diese Vorgaben erfüllt werden, was eine lückenlose Dokumentation aller Prüf- und Instandhaltungsarbeiten erfordert.
Normen und Richtlinien definieren zudem Begriffe und Qualitätsstandards im Facility Management. Die europäische Norm DIN EN 15221 (bzw. Nachfolger ISO 41000-Reihe) liefert ein einheitliches Rahmenwerk; darin werden z.B. Service Level Agreements (SLA) und Key Performance Indicators (KPI) klar definiert. GEFMA-Richtlinien (German Facility Management Association) wie GEFMA 100 beschreiben das Leistungsspektrum und die Prozesse im FM in Deutschland und betonen u.a. die Bedeutung eines gepflegten Anlagenverzeichnisses und effektiver Instandhaltungsprozesse. Aus all dem folgt: Ein systematisches Anlagenkennzeichnungssystem ist unabdingbar, um den Überblick über sämtliche technischen Assets zu behalten, Wartungen fristgerecht zu planen und die Einhaltung von Sicherheitsstandards zu belegen.
Anforderungen an ein solches Kennzeichnungssystem lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Eindeutige Identifikation: Jedes relevante technisches Gerät oder Anlagenteil braucht eine einzigartige Kennung. Nur so können zugehörige Dokumente, Wartungshistorien oder Prüfprotokolle zuverlässig dem Objekt zugeordnet werden. Oft existieren herstellerseitig Seriennummern, doch sind diese nicht einheitlich oder an schwer zugänglicher Stelle angebracht. Ein eigenes barcodiertes Identifikationsetikett, das gut sichtbar auf dem Objekt platziert wird, schafft hier Abhilfe.
Robustheit und Dauerhaftigkeit: In technischen Anlagen herrschen mitunter raue Umgebungsbedingungen – Hitze, Feuchtigkeit, Staub, Chemikalien oder mechanische Beanspruchung (Abrieb). Die Kennzeichnung muss diesen Bedingungen standhalten, damit sie über viele Jahre lesbar bleibt. Normale Papier- oder Kunststoffetiketten können z.B. in Industrieumgebungen schnell unleserlich werden. Daher sind abriebfeste Materialien gefragt. Es stehen spezielle industrielle Barcode-Etiketten zur Verfügung, etwa aus eloxiertem Aluminium, die auch härtesten Umgebungen (sehr hohe/kalte Temperaturen, Chemikalien, UV-Strahlung) widerstehen und über Jahrzehnte lesbar bleiben. Solche hochwertigen Typenschilder und Aufkleber sind zwar teurer als einfache Etiketten, erweisen sich aber langfristig als wirtschaftlich, da ein Nachmarkieren seltener nötig ist. Alternativ bietet sich der Einsatz von RFID-Tags an, die oft in robusten Gehäusen integriert werden können und keine aufgedruckte Information tragen, die verblassen könnte. Dieses Thema – Barcode vs. RFID – wird später noch vertieft.
Schnelle Informationsverfügbarkeit: Technisches FM erfordert präzise und zeitnahe Informationen über die Anlagen. Wartungsplaner wie Techniker vor Ort müssen jederzeit abrufen können, wann ein Gerät zuletzt gewartet wurde, welche Störungen gemeldet wurden, welche Ersatzteile verbaut sind usw. Ein Barcodesystem muss daher in ein IT-gestütztes CAFM- oder Instandhaltungsmanagement-System (Computer Aided Facility Management / CMMS) integriert sein, das die relevanten Daten bei Bedarf bereitstellt. Idealerweise genügt vor Ort ein Scan des Barcodes/QR-Codes mittels Smartphone oder Handscanner, um auf alle hinterlegten Informationen zuzugreifen – sei es technische Daten, Wartungshistorie, offene Aufträge oder Sicherheitsanweisungen. Moderne mobile Instandhaltungs-Apps bieten genau diese Funktionalität: Über den Scan können Techniker beispielsweise sofort die letzten Wartungsberichte und Checklisten einer Anlage einsehen. Die Beauskunftung (Auskunftserteilung) erfolgt damit in Sekundenschnelle digital, anstatt in Akten oder Handbüchern suchen zu müssen.
Einfache Rückmeldungen und Aktualisierungen: Ebenso wichtig ist der umgekehrte Prozess: Nach einer durchgeführten Wartung oder Prüfung soll der Techniker das Ergebnis direkt vor Ort zurückmelden können. Ein Barcode-System unterstützt dies, indem der Techniker z.B. den Anlagencode scannt und in der mobilen App den Arbeitsauftrag abschließt, Prüfdaten eingibt oder neue Beobachtungen (z.B. Schäden, Zählerstände) erfasst. Diese Rückmeldungen werden dem Objekt in der Datenbank zugeordnet und stehen sofort allen Berechtigten zur Verfügung. So kann man z.B. nachverfolgen, welche Geräte aktuell Betriebsstörungen haben oder welche demnächst wieder geprüft werden müssen. Ein Praxisbeispiel: Mitarbeiter können an einem Gerät mit Störung einen QR-Code anbringen oder vorhandenen Code scannen, um automatisch eine Störungsmeldung bzw. Arbeitsanforderung im System zu erzeugen. Das sorgt für einen schnellen Informationsfluss zwischen Nutzern, Meldestellen und Technikern. Außerdem können über vor-Ort-Scans auch Inventurdaten aktualisiert werden – etwa wenn ein Gerät den Standort wechselt oder ausgemustert wird, kann dies direkt im System verbucht werden.
Integration weiterer Prozesse und Service Levels: Ein effizientes Kennzeichnungssystem beeinflusst viele FM-Prozesse positiv. Beispielsweise lässt sich das Reaktions- und Bearbeitungszeit-Monitoring für Störungen verbessern: Da Einsätze digital erfasst und zeitgestempelt werden (z.B. Scan bei Beginn und Ende der Arbeit), können Service-Level-Agreements überwacht werden (z.B. Einhaltung von Reaktionszeiten). Auch Bestandsmanagement und Ersatzteillogistik profitieren: Ersatzteile können ebenfalls Barcodes tragen, so dass Entnahme und Bestand per Scan gebucht werden. Insgesamt erhöht eine digitale, barcodegestützte Arbeitsweise die Transparenz und Qualität der Prozesse. Studien zeigen, dass die Planung, Steuerung und Dokumentation von Wartungsaufträgen deutlich verbessert werden, wenn mobile Lösungen mit Geräteidentifikation eingesetzt werden. In einer RFID-Pilotstudie am Flughafen Frankfurt führte dies etwa zu höherer Prozessqualität und lückenloser Dokumentation der Technikerleistungen – Erkenntnisse, die grundsätzlich auch für Barcode-Lösungen gelten.
Es verlangt das technische FM nach einem Kennzeichnungssystem, das einheitlich, robust, schnell, integriert und prozessfördernd ist. Im nächsten Kapitel werden die möglichen Technologien – vom klassischen Strichcode bis zum RFID-Chip – vorgestellt und hinsichtlich dieser Anforderungen verglichen, um eine fundierte Auswahl der “werthaltigsten” Lösung treffen zu können.
Technologien zur Anlagenkennzeichnung: Barcode, QR, RFID & Co.
Zur Umsetzung eines Kennzeichnungssystems im Facility Management stehen heute mehrere Auto-ID-Technologien zur Auswahl. Die gebräuchlichsten sind Barcodes (einschließlich QR-Codes als 2D-Barcodes) und RFID-Systeme (radio-frequency identification). Beide Ansätze haben spezifische Vor- und Nachteile. In jüngerer Zeit kommen zudem NFC (Near Field Communication, eine Unterart von HF-RFID, oft in Smartphones) und Bluetooth-Beacons zum Einsatz, doch sind diese in der klassischen Inventarisierung weniger verbreitet. Im Folgenden werden Barcode und RFID als Hauptoptionen betrachtet und miteinander verglichen, da sie in der Praxis am häufigsten gegenübergestellt werden.
Barcode/QR-Code: Dies ist die traditionelle und nach wie vor meistgenutzte Lösung zur Objektkennzeichnung. Barcodes sind optische Codes, die mittels Scanner oder Kamera gelesen werden. Im Facility Management werden häufig 1D-Barcodes (z.B. Code128 oder Code39) mit einer eindeutigen Inventarnummer eingesetzt, oder zunehmend 2D-Codes wie der QR-Code, der mehr Informationen auf kleiner Fläche speichern kann. QR-Codes haben den Vorteil, dass sie von jedem Smartphone ohne Spezialgerät gelesen werden können, was ihre Anwendung erleichtert. Die Erstellung von Barcodes ist äußerst kostengünstig – Etiketten kosten oft nur wenige Cent, und selbst hochwertige, langlebige Schilder liegen meist im niedrigen einstelligen Euro-Bereich pro Stück. Ein weiterer Vorteil ist die Interoperabilität: Barcodes sind ein offener Standard und können von praktisch jedem Gerät mit Kamera oder Laser-Scanner gelesen werden. Es gibt keine proprietären Einschränkungen, sodass auch Lieferanten, Dienstleister oder Behörden dieselben Codes nutzen können, um Informationen abzurufen. Allerdings benötigen Barcodes Sichtkontakt (line-of-sight). Das heißt, der Code muss frei zugänglich und visuell erfassbar sein. In der Praxis kann dies problematisch werden, wenn z.B. ein Gerät in einer Zwischendecke oder hinter Verkleidungen verbaut ist und man den Code nicht ohne Weiteres erreichen kann. Zudem kann Schmutz oder Beschädigung den Code unlesbar machen, sofern keine Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Gegen solche Umwelteinflüsse kann man Barcodes aber durch entsprechende Materialwahl sehr widerstandsfähig gestalten, wie zuvor erwähnt (z.B. Laminierung, gravierte Metallplaketten etc., die Resistenz gegen Chemikalien, Abrieb und UV-Licht aufweisen).
RFID: RFID-Systeme verwenden kleine Transponder-Chips, die über Funksignale von einem Lesegerät erkannt werden. Für das FM sind vor allem passive RFID-Tags relevant – sie haben keine eigene Energiequelle, sondern werden vom Lesegerät aktiviert und zurückgesendet. RFID-Tags können in verschiedenen Frequenzbereichen arbeiten; üblich sind HF (13,56 MHz) mit Nahbereichen bis ca. 0,5 m und UHF (860-960 MHz), die je nach Antennengröße mehrere Meter Reichweite erzielen können. Ein großer Vorteil von RFID ist, dass keine Sichtverbindung nötig ist – der Tag kann auch innerhalb eines Geräts oder hinter einer Abdeckung versteckt sein, solange er in Reichweite der Funkwellen ist. Dies erleichtert die Kennzeichnung von verbauten Komponenten erheblich. Zudem lassen sich RFID-Tags in größerer Zahl gleichzeitig auslesen (Massenerfassung), wohingegen Barcodes typischerweise einzeln gescannt werden müssen. In einer Lager- oder Großanlagen-Umgebung kann RFID daher enorme Effizienzgewinne bieten. Auch was die Speicherkapazität angeht, übertreffen RFID-Tags Barcodes: Sie können auf dem Chip zusätzliche Daten (wie Prüftermine, Konfigurationsdaten etc.) speichern, während der Barcode nur eine ID enthält. Schließlich sind RFID-Tags – vor allem spezielle industrielle Bauformen – sehr robust und unempfindlich gegen Verschmutzung, Feuchtigkeit und mechanische Beanspruchung. Es gibt RFID-Transponder, die in harte Kunststoffgehäuse eingegossen sind oder Temperaturen von hunderten Grad überstehen; solche Tags eignen sich für sehr raue Umgebungen, in denen Aufkleber versagen würden.
Allerdings bringt RFID auch Nachteile mit sich. Erstens die Kosten: RFID-Tags sind deutlich teurer als Barcodes. Passive Standard-Tags kosten zwar in Massen heute nur noch wenige Dutzend Cent, aber langlebige Spezialtags oder aktive Tags (mit Batterie) können einige Euro bis hin zu 20–30 € pro Stück kosten. Zudem sind RFID-Lesegeräte erheblich teurer als Barcode-Scanner – oft um den Faktor 10 und mehr. Diese Mehrkosten machen RFID insbesondere in großen Anlagen mit vielen Objekten zu einer erheblichen Investition. Zweitens ist die Technologie komplexer: Funksysteme erfordern sorgfältige Planung (z.B. Vermeidung von Funkkollisionen, richtige Platzierung der Leserantennen) und Tests, ob Metallumgebungen oder Flüssigkeiten die Funkübertragung stören. Beispielsweise können metallische Oberflächen ein RFID-Signal reflektieren oder den Tag unlesbar machen, weshalb es spezielle RFID-Tags für Metall gibt. Solche Unwägbarkeiten müssen vor Rollout durch Testläufe ermittelt werden. Barcodes hingegen funktionieren überall gleich zuverlässig, solange der Code optisch erfasst werden kann. Drittens gibt es bei RFID Interoperabilitäts- und Sicherheitsfragen: Nicht jeder Dienstleister hat ein RFID-Lesegerät zur Hand, wohingegen einen QR-Code nahezu jeder mit dem Smartphone lesen kann. Auch können RFID-Tags zwar schwieriger manipuliert werden als offene Barcodes, aber nichtsdestotrotz kopiert oder unerlaubt ausgelesen werden, wenn keine weitere Sicherheitsmechanismen (Verschlüsselung, Authentifizierung) implementiert sind.
Zur Verdeutlichung sind in Tabelle 1 die wichtigsten Kriterien gegenübergestellt, um Barcode- und RFID-Systeme im FM-Kontext zu vergleichen:
| Kriterium | Barcode/QR-Code | RFID (passiv) |
|---|---|---|
| Kosten pro Tag | sehr gering (0,05€ – 0,50€ je nach Materialqualität) | höher (0,20€ – 5€; Spezialtags bis >20€) |
| Lesegeräte | günstig, weit verbreitet (Smartphone-Kamera oder Handscanner) | teurer (Leser/Antennen oft Spezialhardware) |
| Reichweite | nur bei Sichtkontakt, typ. wenige cm (Kamera) bis max. 1–2 m (Laser) | kein Sichtkontakt nötig; je nach Frequenz wenige cm (HF) bis >5 m (UHF) |
| Erfassungsmodus | einzeln scannen (jeder Code separat) | viele Tags gleichzeitig erfassbar (Antikollisionsverfahren nötig) |
| Datenspeicher | nur gespeicherte ID, weitere Infos in zentraler Datenbank | Chip kann Daten tragen (mehrere KB möglich), z.B. Historie |
| Umweltbeständigkeit | abhängig vom Etikettmaterial; Standardetiketten empfindlich gegen Schmutz, Abrieb, Feuchte; Industrielabels sehr robust (Alu, Laminat) | sehr robust; Tags in Schutzgehäuse unempfindlich gegen Staub, Feuchte, Chemikalien (Achtung: Metall/Flüssigkeit erfordert spezialisierte Tags) |
| Manipulationssicherheit | relativ niedrig – Code kann kopiert (fotografiert/ausgedruckt) und unautorisiert gescannt werden | höher – Tag-Kopien sind technisch anspruchsvoller, jedoch bei ungeschützten Tags möglich; Funk kann ausgelesen werden (Datenschutz!) |
| Mitarbeiterakzeptanz | sehr hoch – intuitiv (Kamera scannt Aufkleber), kaum Schulung nötig | abhängig – erfordert evtl. neue Geräte und Training; aber scanning selbst einfach (automatisch) |
Wie aus der Gegenüberstellung ersichtlich, gibt es nicht die eine Technik, die in allen Belangen überlegen ist. Barcodes/QR-Codes punkten vor allem durch Einfachheit und Wirtschaftlichkeit – sie sind eine kosteneffiziente Lösung mit geringen technischen Hürden, ideal für den Einstieg und für viele Anwendungsfälle absolut ausreichend. RFID hingegen bietet mehr Funktionsumfang und Automatisierungspotenzial (insbesondere bei großen Anlagenbeständen und hohen Sicherheitsanforderungen), allerdings zum Preis höherer Investitionen und Systemkomplexität. Interessant ist die Feststellung, dass RFID seine Stärken gerade in der Logistik und im großflächigen Anlagenmanagement ausspielt, während Barcodes für überschaubare, einfachere Tracking-Aufgaben optimal sind. Im Kontext eines einzelnen Gebäudes oder kleinen Portfolios mag ein Barcodesystem daher vollkommen genügen und die beste Wertbilanz bieten. In sehr ausgedehnten Liegenschaften oder Industriesites mit tausenden Assets könnte RFID trotz höherer Kosten einen Mehrwert liefern durch Zeitersparnis (z.B. schnellere Inventuren, automatische Kontrollpunkt-Erfassung).
In der Praxis existieren auch Kombinationslösungen: Einige Unternehmen nutzen zweigleisige Kennzeichnung – etwa robuste Etiketten mit Barcode und RFID-Chip in einem. So kann kurzfristig jeder per Barcode arbeiten, aber perspektivisch ist man für RFID bereit. Ein Beispiel sind moderne Prüfsiegel: Jedes Prüfetikett enthält neben Klarschrift oft sowohl einen linearen Barcode und einen QR-Code oder RFID, um allen Nutzern gerecht zu werden.
Unabhängig von der Technologie ist bei der Auswahl der optimalen Lösung vor allem maßgeblich, welche Wertsteigerung im Verhältnis zum Aufwand erzielt wird. Genau hier setzt der Gedanke des Value Management an, der im nächsten Abschnitt betrachtet wird.
Auswahl und Realisierung der werthaltigsten Lösung (Value Management)
Die Einführung eines Barcodesystems im Facility Management sollte nicht zum Selbstzweck erfolgen, sondern im Rahmen eines Value Management-Ansatzes geplant werden. Value Management (Wertmanagement) zielt darauf ab, den Nutzen einer Maßnahme in Relation zu den eingesetzten Ressourcen zu maximieren. Mit anderen Worten: Die Lösung, die die Anforderungen am besten erfüllt und gleichzeitig wirtschaftlich vertretbar ist, stellt den höchsten "Wert" dar. Gemäß der europäischen Norm EN 1325-1 wird „Wert“ definiert als das Verhältnis aus Bedürfnisbefriedigung und Ressourcenaufwand. Im Kontext unseres Themas heißt das: Welche Technologie (oder Technologiemix) befriedigt die Bedürfnisse des technischen FM – wie eindeutige Identifikation, schnelle Informationsbereitstellung, Prozessverbesserung, Rechtssicherheit – am besten, gemessen an Kosten, Personalaufwand und Komplexität?
Schritt 1: Bedarfsermittlung. Zunächst sind die spezifischen Bedürfnisse der Organisation zu erheben. Wie groß ist der Anlagenbestand? Wie verteilt (ein Standort oder viele)? Gibt es bereits eine digitale FM-Plattform? Werden Dienstleister eingebunden, die evtl. auch Zugriff auf das System brauchen? Gibt es besondere Risiken (z.B. hohes Betrugsrisiko, sicherheitskritische Anlagen), die eine manipulationssichere Lösung erfordern? Beispielsweise wenn externe Wartungsfirmen über Service-Level-Verträge nachweisen müssen, dass sie Anlagen kontrolliert haben, kann die Gefahr bestehen, dass einfache Barcode-Scans manipuliert werden (ein unredlicher Techniker könnte theoretisch den Barcode ohne Vor-Ort-Besuch scannen, indem er eine Kopie mitnimmt). In solchen Fällen wäre eventuell RFID mit personalisierten Mitarbeiter-Tags oder anderen Sicherungen ein zusätzlicher Nutzen (z.B. fälschungssichere Wartungsnachweise). Falls jedoch der Prozess so organisiert ist, dass eigenes Personal die Scans durchführt und Vertrauen besteht, reicht Barcode völlig aus.
Schritt 2: Optionenanalyse. Auf Basis der Anforderungen werden Optionen entwickelt: z.B. Option A: einfaches Barcodesystem (1D- oder QR-Codes) mit Smartphone-Nutzung; Option B: kombiniertes Barcode+RFID-System; Option C: reines RFID-System mit nötiger Hardware. Für jede Option werden die Initialkosten (Etiketten, Drucker, Scanner bzw. RFID-Reader, Software-Lizenzen, Implementierungsprojekt) und laufenden Kosten (Ersatz abgenutzter Labels, Systemwartung, Schulungen, ggf. RFID-Hardware-Kalibrierung usw.) geschätzt. Daneben schätzt man den Nutzen in Form von z.B. Zeitersparnis pro Wartungsvorgang, Vermeidung von Ausfällen durch bessere Planung, geringerer Suchaufwand nach Dokumenten, etc. Viele dieser Nutzenaspekte sind qualitativ oder indirekt (z.B. Einhaltung von Compliance verhindert potenzielle Unfälle oder Strafen, was aber schwer zu beziffern ist). Dennoch lohnt eine Nutzen-Matrix: etwa Kriterium: Verbesserung der Datengenauigkeit, Bewertung: Barcode = hoch, RFID = hoch (beide eliminieren manuelle Fehler); Kriterium: Erfassungsaufwand Inventur, Bewertung: Barcode = mittel, RFID = sehr niedrig (Massen-Lesesystem). Wichtig ist, die Präferenzen der Organisation zu berücksichtigen – Value Management betont, dass Wert von verschiedenen Stakeholdern unterschiedlich gesehen werden kann. Für einen FM-Leiter steht evtl. die Prozessqualität im Vordergrund, für den Kaufmann die Kostenseite, für den Instandhaltungsingenieur die technische Zuverlässigkeit. Diese Perspektiven fließen in die Entscheidungsfindung ein.
Schritt 3: Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Oft wird eine Investition in ein FM-System mit der Total Cost of Ownership (TCO) und dem Return on Investment (ROI) begründet. Ein Barcode-System hat typischerweise eine sehr niedrige Einstiegshürde: Wenn bereits eine CAFM-Software vorhanden ist, reichen häufig ein Etikettendrucker (einige hundert Euro) und handelsübliche Smartphones mit Kamera, um loszulegen. Die Software zur Code-Erzeugung und Datenerfassung ist häufig im CAFM oder CMMS enthalten oder kann über einfache Apps realisiert werden. Dem stehen Einsparungen gegenüber: Jede digital erfasste Wartung spart Zeit in der Dokumentation, vermeidet Doppelerfassungen und reduziert Fehler. Wenn z.B. ein Techniker pro Auftrag 10 Minuten spart, weil er die Anlagendaten per Scan direkt ins Formular laden kann statt sie manuell zu suchen, summiert sich das über das Jahr erheblich. Solche Effizienzgewinne sind gut quantifizierbar. Hinzu kommen weniger greifbare Werte: Verbesserte Qualität (weniger vergessene Wartungen, da das System erinnert), höhere Transparenz (alle Daten sind auditierbar abrufbar, was bei Zertifizierungen oder Audits Punkte bringt) und Zufriedenheit der Nutzer (schnellere Störungsbehebung durch digitale Meldungen).
Bei RFID sind die Investitionskosten deutlich höher, daher muss hier der Nutzen entsprechend größer sein, um sich zu rechtfertigen. RFID lohnt sich vor allem, wenn Personalkosten durch Automatisierung merklich gesenkt werden können oder eine Aufgabenerfüllung überhaupt erst ermöglicht wird. Beispiel: In einem riesigen Industriegelände würde die jährliche Inventur per Barcode eine Woche dauern, während ein RFID-System sie in einem Tag erledigen kann. Wenn dabei teure Fachkräfte gebunden sind, rechnet sich RFID schneller. Auch in sicherheitsrelevanten Szenarien kann der Mehrwert von RFID in der Manipulationssicherheit liegen: Da ein RFID-Tag nicht einfach fotokopiert werden kann und z.B. auch die Uhrzeit eines Lesevorgangs automatisch protokolliert wird, ist es schwieriger, Wartungsgänge nur vorzutäuschen. In der Praxis kann man RFID-Tags auch so gestalten, dass sie beim Ablösen zerstört werden (ähnlich einer Siegelplakette), was Betrug weiter erschwert. Dieser zusätzliche Wert ist schwer in Euro zu messen, aber für kritische Infrastrukturen könnte er entscheidend sein (Stichwort Haftung im Schadensfall).
Schritt 4: Auswahlentscheidung. Anhand der gesammelten Daten und Einschätzungen wählt das Management die Lösung, die das beste Nutzen-Ressourcen-Verhältnis verspricht. Oft wird dies durch Scoring-Modelle oder Kosten-Nutzen-Analysen unterstützt. In vielen Fällen wird – pragmatisch – eine Pilotierung empfohlen: Man testet im kleinen Maßstab die favorisierte Lösung, um Annahmen zu überprüfen. Beispielsweise könnte ein Unternehmen einen Gebäudetrakt zunächst mit QR-Codes ausstatten und die Abläufe evaluieren, bevor der Rollout auf alle Liegenschaften kommt. Oder eine RFID-Testinstallation wird an einigen Anlagen durchgeführt, um die Lesbarkeit in der echten Umgebung sicherzustellen (Thema Metall-Interferenzen etc.). Die Habilitationsschrift würde an dieser Stelle ggf. auch die theoretischen Grundlagen der Wertanalyse (Wertanalytischer Projektplan in Phasen nach DIN 12973) vertiefen; der Kern für uns ist jedoch: Die Entscheidung muss nachvollziehbar und faktenbasiert erfolgen, mit Blick auf langfristigen Nutzen.
Schritt 5: Umsetzung (Realisierung). Ist die Entscheidung gefallen, geht es in die Implementierung. Hier gelten klassische Projektmanagement-Prinzipien: Zeit- und Budgetplanung, Verantwortliche benennen, Schulungen, und vor allem Kommunikation mit den Nutzern. Denn ein System ist nur so gut wie seine Akzeptanz beim Personal. Dazu gehören Schulungen der Techniker und Administratoren, aber auch die Einbindung der späteren Anwender in die Gestaltung. Beispielsweise bei der Gestaltung der Inventarcode-Struktur: Soll der Code rein nummerisch sein oder gleich bedeutsame Informationen (Standort, Gewerke etc.) codieren? Werden Altdaten (bestehende Inventarlisten) übernommen? etc. Die Phase der Realisierung ist eng verzahnt mit dem nächsten Kapitel, in dem die konkreten Prozessschritte von Inventarisierung bis Nutzung im Detail betrachtet werden.
Prozesse: Inventarisierung, Auskunft, Rückmeldung und weitere Abläufe
Ein Barcodesystem im technischen Facility Management entfaltet seinen Nutzen entlang mehrerer zentraler Prozessketten. Im Wesentlichen lassen sie sich gliedern in (a) die Initiale Inventarisierung aller relevanten Anlagen, (b) die laufende Nutzung im Tagesgeschäft – hierzu gehören Auskunftsvorgänge (Information abrufen) und Rückmeldungen (Daten erfassen) – sowie (c) die weiterführenden Prozesse wie Inspektionen, Audits und kontinuierliche Verbesserung der Datenqualität. Wir beleuchten diese Prozesse nacheinander.
Inventarisierungsprozess
Am Anfang steht die Inventarisierung, also das systematische Erfassen aller technischen Assets einer Liegenschaft im System und das physische Kennzeichnen dieser Objekte mit dem Barcode/QR-Label (bzw. RFID-Tag).
Dieser Prozess ist arbeitsintensiv, aber grundlegend, denn die Qualität der Bestandsdaten bestimmt maßgeblich den späteren Nutzen. Best Practices für die Inventarisierung sind:
Planung und Auswahl der Objekte: Zunächst wird festgelegt, welche Anlagen erfasst werden. Im technischen FM sind das typischerweise alle wartungsrelevanten Geräte: von der Heizungsanlage über Lüftungsgeräte, Elektroverteilungen, Pumpen, Maschinen, Aufzüge bis hin zu Brandschutzeinrichtungen und Messinstrumenten. Auch bewegliche Geräte (Messgeräte, Werkzeuge, fahrbare Maschinen) sollten mit erfasst werden, insbesondere wenn sie prüfpflichtig sind (Betriebsmittel nach DGUV, etc.). Hier hilft ein Blick in Normen und Betreiberpflichten: Welche Assets müssen regelmäßig geprüft oder gewartet werden? – Genau diese sollten mindestens inventarisiert sein. Zusätzlich können infrastrukturelle Objekte wie große Möbel, IT-Equipment usw. erfasst werden, falls gewünscht, um ein vollständiges Anlagenregister zu erhalten.
Vergabe der Identifikationsnummern: Jedem Objekt wird eine Inventarnummer zugeteilt. Viele Unternehmen folgen hier einem Schlüssel nach DIN oder hauseigenem Schema. Beispielsweise gibt es Systeme nach DIN 6779 (Anlagenkennzeichnung) oder branchenspezifische Schlüssel (wie KKS im Kraftwerksbereich). Wichtig ist, dass das Schema konsistent und zukunftsfähig ist – Nummern sollten z.B. einen Bereich für die Liegenschaft oder Standort haben, damit sie eindeutig sind. Oft bietet die CAFM-Software hier Unterstützung oder es wird ein einfacher laufender Zähler pro Standort verwendet. Die ID wird dann im Barcode/QR-Code codiert. Ein QR-Code kann alternativ auch einen Weblink oder eine Datenstruktur enthalten, über die beim Scan sofort eine Web-Seite mit Objektinfos geöffnet wird (wie bei einigen digitalen Prüfplaketten, wo der QR direkt zum Prüfprotokoll führt). In sensiblen Bereichen wird jedoch oft eine reine ID bevorzugt, die nur in Verbindung mit der entsprechenden Software Sinn ergibt – dies erhöht die Datensicherheit, da ein externer Scan ohne Systemzugriff nichts Preisgibt.
Physische Anbringung der Labels/Tags: Geschulte Mitarbeiter oder ein externer Dienstleister begeben sich vor Ort an jedes Objekt, bringen das vorbereitete Barcode-Label an und erfassen gegebenenfalls weitere Stammdaten. Die Position des Labels sollte so gewählt sein, dass es im normalen Betriebsablauf gut erreichbar und scanbar ist, aber nicht stört. Für große Maschinen z.B. in Augenhöhe an einer zugänglichen Stelle anbringen; für Deckengeräte vielleicht an der Wartungsklappe oder dem zugehörigen Schaltschrank statt direkt am schwer erreichbaren Gerät. Die Befestigung muss zum Untergrund passen – auf rauen oder öligen Flächen sind ggf. spezielle Kleber oder mechanische Befestigungen (Nieten/Schrauben für Metallschilder) nötig. Hier zahlt es sich aus, wenn die Etiketten hochwertig sind: Ein abriebfestes, industrietaugliches Etikett gewährleistet, dass nicht nach kurzer Zeit alles neu markiert werden muss. Bei Inventaretiketten, die Jahrzehnte halten sollen, werden z.B. oft anodisierte Aluminiumschilder oder gravierte Kunststoffplaketten verwendet, die gegenüber Reinigungsmitteln und mechanischer Beanspruchung unempfindlich sind. So schreibt es auch ein Serviceanbieter: ortsfeste Maschinen erhalten „spezielle Etiketten aus Aluminium“ mit allen nötigen Informationen.
Datenerfassung und -prüfung: Parallel zur Anbringung wird jedes Objekt im System angelegt bzw. dem Datensatz wird die Barcode-ID zugeordnet. Typischerweise nutzt der Mitarbeiter ein mobiles Gerät, scannt den frisch angebrachten Code und füllt ein digitales Formular mit den Objektstammdaten (Name, Typ, Standort, ggf. Seriennummer, Hersteller, Baujahr, Wartungsintervalle etc.). Oft werden auch gleich Fotos vom Objekt gemacht und im System hinterlegt, um später die Identifikation zu erleichtern. Nachdem alle Objekte erfasst sind, sollte ein Datencheck stattfinden: Sind alle wichtigen Felder gefüllt? Stimmen die Zahl der erfassten Objekte mit Erwartungen überein (z.B. gemäß Übergabedokumentation des Gebäudes)? Dieser Prozess ist idealerweise bis zum Abschluss dokumentiert – z.B. eine Liste aller in der Inventur 2025 erfassten Assets, als Grundstein der Anlagenhistorie.
Eine vollständige Erst-Inventarisierung mit Barcodesystem schafft die Basis für alle weiteren Prozesse. Der Aufwand kann beträchtlich sein (bei großen Beständen mehrere Personentage oder -wochen), doch er ist unumgänglich. Einige Facility-Dienstleister bieten diesen als Service an, inklusive Lieferung eines Anlagenkatasters. So berichtet z.B. ein FM-Unternehmen im Leistungsportfolio von der "Inventarisierung mit Barcodesystem der kompletten Infrastruktur im Büro (Möbel, Technik etc.) oder in der Produktion (Werkstatt, Maschinen etc.)" als Teil ihrer Flächen- und Umzugsmanagement-Dienstleistung. Dies zeigt, dass die Praxis der Barcode-Inventarisierung etabliert ist.
Informationsbereitstellung (Beauskunftung)
Nach der erfolgreichen Inventarisierung beginnt der Routinebetrieb des Systems. Beauskunftung bezeichnet hier alle Vorgänge, bei denen ein Nutzer – meist ein Techniker, Ingenieur oder auch Auditor – mittels des Barcodes Informationen über ein Objekt abruft. In der analogen Welt würde man vielleicht ein Typschild lesen oder im Ordner nach dem technischen Datenblatt suchen.
Mit dem digitalen System hingegen genügen wenige Klicks:
Techniker vor Wartung: Bevor eine Wartung oder Reparatur startet, scannt der Techniker den Barcode am Gerät mit seinem Tablet/Smartphone. Unmittelbar darauf zeigt die mobile App die Objekt-Stammdaten und vor allem die Wartungshistorie an: z.B. letzte Wartung am 10.05.2025, Bemerkung "Öl nachgefüllt", nächster geplanter Service in 6 Monaten. Eventuell sind auch Dokumente hinterlegt – Bedienungsanleitungen, Schaltpläne oder Checklisten für die Wartung – die der Techniker nun digital einsehen kann. Das erhöht die Effizienz und Qualität der Arbeit enorm, da alle Infos just-in-time verfügbar sind. Wie eMaint (ein CMMS-System) beschreibt: Mit Barcode-Scanning lassen sich Anlagen schneller finden, ihre Historie prüfen und nötige Dokumente abrufen. Gerade bei wechselndem Personal oder externen Dienstleistern verhindert dies Wissenslücken: Jeder vor Ort hat den gleichen Informationsstand, indem er einfach scannt.
Schnelle Störungsdiagnose: Tritt eine Störung auf, kann der Erste am Einsatzort via Barcode/QR zunächst identifizieren, welches Gerät genau betroffen ist (falls mehrere ähnlich aussehen) und welche Besonderheiten es hat. Vielleicht offenbart die Historie, dass dieses Teil schon häufiger Probleme hatte – ein Indiz für tieferliegende Ursachen. Auch können über den Code ggf. Echtzeit-Daten aus anderen Systemen verknüpft werden: In Smart Buildings könnten Sensorwerte oder Gebäudemanagement-System-Meldungen zu dem Gerät angezeigt werden. Solche Integrationen sind zwar fortgeschritten, aber im IoT-Zeitalter denkbar: Der Barcode dient als Schlüssel zu allen digitalen Zwillings-Informationen eines Assets.
Audits und Prüfungen: Bei internen Audits oder externen Prüfern (z.B. TÜV, Sachverständige) ist es sehr hilfreich, wenn man per Scan sofort die Prüfnachweise erhält. Ein Auditor könnte z.B. in einem Krankenhaus an einem Notstromaggregat den Code scannen und sieht sofort das letzte Prüfprotokoll, inkl. Unterschrift des Prüfers und Termin der nächsten Prüfung. So etwas erhöht das Vertrauen in die FM-Organisation und spart immense Zeit beim Zusammenkramen von Dokumenten. Digitale Prüfprotokolle mit Scan-Zugang werden bereits praktiziert – wie die ESG-Beispiele zeigten, wo über den QR-Code auf dem Prüfsiegel alle relevanten Prüfdaten live einsehbar sind.
Nutzeranfragen: Mit etwas Offenheit des Systems könnten sogar Nutzer (z.B. Büro-Mitarbeiter oder Mieter) begrenzte Auskünfte per Scan bekommen. Denkbar wäre z.B., dass an einer Klimaanlage ein QR-Code hängt, den jeder scannen kann, um die Bedienungsanleitung oder die zuständige Hotline angezeigt zu bekommen. Oder an kritischen Geräten ein Code, der anzeigt "Achtung, steht unter Wartung, Ansprechpartner X". Solche Anwendungen betreffen mehr das infrastrukturelle FM und Informationsmanagement, sind aber Erweiterungen der Grundidee.
Beauskunftung per Barcode heißt letztlich: Jedes Objekt erzählt seine Geschichte auf Abruf. Die Voraussetzung ist eine gut gepflegte zentrale Datenbank (CAFM), in der die Informationen aktuell gehalten werden. Hier ist auch ein Prozess zu etablieren, dass nach Änderungen (Umbau, Austausch eines Geräts) die Daten sofort angepasst und neue Codes vergeben werden, falls nötig. Nur dann bleibt die Auskunftsfähigkeit gewährleistet.
Rückmeldung und Auftragsabwicklung
Die Kehrseite der Medaille ist die Rückmeldung von Vorgängen ins System. Hier geht es um alle Prozesse, bei denen vor Ort Daten erfasst und ins System gespielt werden, meist durch Techniker oder Servicekräfte.
Typische Abläufe sind:
Wartungs- oder Inspektionsabschluss: Nachdem ein Techniker die geplanten Arbeiten erledigt hat, öffnet er auf seinem mobilen Gerät den zugehörigen Auftrag (oft hatte er ihn ja schon durch Scannen gestartet) und dokumentiert die Durchführung. Das kann beinhalten: Abhaken von Checklistenpunkten, Eingabe von Messwerten (z.B. Druck, Temperatur, Stromaufnahme – je nach Anlage), Hinterlegen von Fotos (Vorher-Nachher-Bild, o.ä.) und letztlich das Setzen des Status "Erledigt" mit Zeitstempel. All dies wird dem Asset zugeordnet. Häufig verlangt das Qualitätsmanagement zudem eine Unterschrift oder Autorisierung – digital kann der Techniker direkt auf dem Touchscreen unterzeichnen. Die Zeit der Zettelwirtschaft ist damit vorbei. Die mobile Lösung eMaint betont z.B., dass sogar offline alles erfasst und bei Netz wieder synchronisiert wird, um lückenlose Logs sicherzustellen. Das ist besonders praktisch, wenn in abgeschirmten Bereichen gearbeitet wird (Keller, Stahlbetonräume – hier ist Offline-Fähigkeit wichtig).
Störungsmeldungen und Reparaturen: Wenn ein ungeplanter Defekt behoben wird, sollte dies ebenfalls rückgemeldet werden. Idealerweise existiert für die Störung schon ein Auftrag im System (vielleicht vom Helpdesk angelegt oder durch einen Nutzer per QR-Meldung generiert). Falls nicht, kann der Techniker vor Ort auch ad-hoc einen Auftrag anlegen: Er scannt das Gerät, wählt "Neue Störung erfassen", tippt eine Kurzbeschreibung ein ("Lagergeräusch an Pumpe festgestelt") und speichert dies. So geht nichts verloren. Bei der eigentlichen Reparatur werden ähnlich wie bei Wartung dann die Maßnahmen festgehalten. Wichtig ist hier das Prinzip "ein Objekt – eine Historie": Alle Reparaturen, wie klein auch immer, sollten beim Objekt dokumentiert sein, um langfristig Muster zu erkennen (z.B. "Gerät X fällt überproportional oft aus – lohnt Austausch?").
Prüf- und Messprotokolle: Bei gesetzlich geforderten Prüfungen (z.B. E-Check nach VDE 0105, Druckbehälterprüfung usw.) werden meist formalisierte Protokolle ausgefüllt. Moderne Prüfgeräte können Messwerte digital erfassen und via Software zu einem Protokoll zusammenführen. Im Idealfall ist diese Prüfsoftware an das FM-System angebunden oder exportiert Daten, die dann verknüpft werden. Selbst wenn nicht, kann ein Techniker nach Abschluss der Prüfung das Ergebnis im System vermerken (bestanden/nicht bestanden, Mängel etc.) und das vollständige Protokoll als PDF anhängen. Der Barcode am Gerät hilft dabei, dass genau die richtige Anlage ausgewählt ist und keine Verwechslungen passieren. In dem ESG-Beispiel wird z.B. nach der Maschinenprüfung ein Beschriftungsschild mit Ergebnis angebracht (keine/leichte/schwere Mängel) und im System der Bericht gespeichert. Besteht die Maschine die Prüfung, gibt es ein Prüfsiegel mit nächstem Fälligkeitsdatum – diese Information ist wiederum auch digital hinterlegt. Bei nicht bestandener Prüfung wird sogar ein Warnschild angeheftet. Die Rückmeldeprozesse umfassen hier also sowohl das physische Kennzeichnen (für Nutzer ersichtlich) als auch die Datenrückführung ins System.
Weitere Rückmeldungen: In manchen Unternehmen werden auch Zählerstände regelmäßig abgelesen (z.B. Betriebsstundenzähler von Generatoren, Wasserzähler, Energiezähler) – hier kann der zuständige Techniker per Barcode den Zähler identifizieren und den Wert eingeben, der dann direkt im System landet und z.B. für Energiecontrolling oder präventive Wartung (nach Betriebsstunden) genutzt wird. Ebenso könnten Raumnutzungsdaten oder Inventur einer anderen Art (Möbel, IT-Geräte) via Scans aktualisiert werden. Das Prinzip ist immer: Der Scan verbindet den physischen Gegenstand eindeutig mit dem digitalen Datensatz, an dem die Person etwas abliest oder eingibt.
Ein besonderer Aspekt der Rückmeldung ist die Qualitätssicherung und Betrugsprävention. In Outsourcing-Situationen, wo externe Dienstleister Serviceleistungen erbringen, dient das System auch als Kontrollinstanz: Vertragsmäßig müssen sie z.B. 100 Rauchmelder prüfen und ihre Scans liefern den Nachweis, dass jeder Melder tatsächlich erfasst wurde (denn jeder Scan hat Zeitstempel und Position, ggf. via WLAN-Ort oder GPS, sofern verfügbar). Ein einfaches System mit Barcodes kann hier allerdings ausgetrickst werden, indem z.B. jemand die Barcodes einscannt ohne vor Ort gewesen zu sein (es gibt Berichte, dass in der Vergangenheit manche Dienstleister einfach Listen abgehakt haben). Mit mobil vernetzten Systemen ist das schon schwerer, da oft die Reihenfolge und Zeit unplausibel wäre, wenn jemand nicht wirklich den Rundgang macht. RFID würde noch einen Schritt weiter gehen: Manche RFID-Leseverfahren können sicherstellen, dass man physisch nahe am Tag sein muss. Zudem kann man RFID-Tags so gestalten, dass Kopien auffallen (jedes hat unique serial, und wenn z.B. zweimal identische ID mit unterschiedlicher Serial auftaucht, wäre das Alarm). Dieser Bereich tangiert die Vertrags- und Qualitätskontrolle – für eine Habilitation interessant, aber im Kern bleibt festzuhalten: Ein digitalisiertes Rückmeldesystem erhöht die Transparenz. Es sorgt dafür, dass „gefälschte“ Angaben (etwa ein hingeschriebenes "alles ok" ohne Beleg) reduziert werden, weil nun für jede Anlage ein Scan und digitaler Eintrag vorhanden ist. Wie Legner/Thiesse bemerken: traditionelle, formlose Angaben wie "Maschine X läuft wieder, Problem behoben" reichen nicht aus – besser ist strukturierte und belegte Dokumentation. Ein Barcode-System erzwingt bis zu einem gewissen Grad diese Struktur, da vordefinierte Felder ausgefüllt und bestimmte Schritte pro Auftrag befolgt werden müssen.
Über die Kernprozesse hinaus gibt es weitere Anwendungsfälle und Gestaltungsmöglichkeiten:
Service-Level-Management: Mit allen Daten zu Leistungen und Reaktionszeiten, die durch Scans und digitale Workflows anfallen, kann man KPIs für das Facility Management generieren. Z.B. durchschnittliche Störungsbehebungszeit, prozentuale Einhaltung von Wartungsplänen, etc. Diese Kennzahlen sind oft Teil von Service Level Agreements zwischen Eigentümer und FM-Dienstleister. Da DIN EN 15221 ff. und GEFMA hier Standards setzen (z.B. Definition von KPI, SLA), lässt sich durch ein Barcode-basiertes System leichter zeigen, ob man diese Ziele erfüllt. Beispielsweise kann man berichten: „Von 1000 planmäßigen Wartungen im Jahr wurden 99,5% fristgerecht durchgeführt – Nachweis durch Systemzeitstempel der Rückmeldungen.” Oder: „Alle Notrufe wurden innerhalb der vereinbarten 30 Minuten Reaktionszeit vor Ort gescannt und in Angriff genommen.” Somit trägt die Technologie direkt zur Qualitätssicherung bei und ermöglicht ein objektives Performance Monitoring.
Abriebfestigkeit und Label-Erneuerung: Trotz aller Sorgfalt kann es vorkommen, dass Labels beschädigt oder unleserlich werden (extreme Hitze, Vandalismus, etc.). Es sollte ein Prozess definiert sein, wie regelmäßig die Überprüfung der Kennzeichnung erfolgt. Oft geschieht das nebenbei: Wenn ein Techniker bemerkt, dass ein Aufkleber fehlt oder schlecht lesbar ist, meldet er dies und es wird ein neuer angebracht. Manche Unternehmen planen alle paar Jahre eine Inventurkontrolle, wo auch die Labels erneuert werden falls nötig. Das System sollte es erlauben, ein neues Label (mit neuer ID) mit dem alten Datensatz zu verknüpfen oder denselben Code erneut auszugeben. Hier ist auch die Beschriftungslogistik relevant: Hat man einen eigenen Etikettendrucker vor Ort oder bezieht man vorgefertigte, ggf. gravierte Schilder von einem Dienstleister? Bei großen Anlagen kann es sinnvoll sein, einen Vorrat an Standard-Inventaretiketten vorrätig zu haben für Ersatz.
Smartphones und Tablets als Werkzeug: Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist die Benutzerfreundlichkeit der mobilen Endgeräte. Moderne Smartphones und Tablets sind in der Lage, Barcodes und QR-Codes sehr zuverlässig zu lesen – die Kameraauflösungen und Autofokus sind meist ausreichend. Es gibt zahlreiche Scan-Apps und die meisten CAFM/CMMS-Anwendungen haben Scan-Funktionen integriert. Wichtig ist, dass die Geräte für den Einsatz geeignet sind: In industrieller Umgebung evtl. stoßgeschützt (rugged cases), evtl. mit Handschuhen bedienbar, ausreichend Akkulaufzeit für einen Tag mit intensiver Nutzung, und falls WLAN in Keller nicht verfügbar, dann Offline-Fähigkeit (die App speichert und synchronisiert später). Alternativ können Bluetooth-gekoppelte Handscanner genutzt werden, die schneller scannen (Laser) und z.B. an Gürteln getragen werden – diese können sich mit dem Tablet koppeln und Tastatureingaben ersetzen. Die richtige Hardware-Wahl beeinflusst die Arbeitsprozesse enorm: Ein leichtes Gerät, das der Techniker immer dabei hat, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass wirklich jeder Vorgang gescannt wird. Ein umständliches, schweres Gerät, das ständig Netzprobleme hat, würde die Akzeptanz schmälern. Hier sollten Pilotnutzer Feedback geben dürfen.
Integration mit anderen Systemen: Wie schon angedeutet, kann das Barcodesystem als Bindeglied zu anderen Systemen dienen, etwa dem Building Information Modeling (BIM) oder Gebäudeleittechnik. Einige Forscher haben vorgeschlagen, BIM-Modelle mit QR-Codes zu verknüpfen – d.h. jedem Bauteil im digitalen Modell wird ein QR-Code zugeordnet, der dann am physischen Bauteil angebracht wird. Scannt man den Code, öffnet sich das BIM-Modell an der entsprechenden Stelle und liefert genaue technische Spezifikationen. In der Praxis steht diese Tiefe der Integration noch am Anfang, doch in spezialisierten Umgebungen (z.B. Anlagenbau) gibt es Pilotanwendungen. Auch könnte man QR-Codes an Räumen anbringen, um Rauminformationen abzurufen (Pläne, Belegungsdaten) – was eher ins infrastrukturelle FM geht. In Summe hilft eine solche Kennzeichnung der Vision des digitalen Zwillings: Die physische und digitale Welt sind verbunden. Facility Manager können so z.B. auch neue Services anbieten, etwa interaktive Wegleitungen (Scan in Lobby zeigt Standortplan) oder Benutzerfeedback (Scan an Gerät XY um Problem zu melden, falls es noch keiner tat).
Erweiterbarkeit und Zukunftssicherheit: Eine Investition in ein Barcodesystem sollte langfristig gedacht sein. Glücklicherweise bauen viele Technologien aufeinander auf – so können existierende Barcodes jederzeit durch RFID ergänzt werden, da die Datenbankstruktur (Assets mit IDs) ja schon da ist. Viele Softwarelösungen unterstützen parallel Barcode und RFID, wie z.B. ein Anbieter schreibt: mobile Instandhaltungslösungen erlauben Einsatz von sowohl RFID als auch Barcode, je nach Präferenz. Somit ist man nicht in eine Sackgasse manövriert. Auch neue Tech wie IoT-Sensorik (die automatisch Zustandsdaten sendet) können das System ergänzen. Der Barcode bleibt dann vielleicht als statische Backup-Lösung vorhanden.
Zusammengefasst deckt ein durchdachtes Barcodesystem nahezu alle Prozesse im technischen Facility Management ab: Inventarisierung schafft eine transparente Datenbasis; Beauskunftung stellt Informationen bedarfsgerecht bereit; Rückmeldungen sichern die Aktualität der Daten und schließen den Regelkreis zur kontinuierlichen Verbesserung. Sämtliche Detailaspekte wie Label-Qualität, mobile Endgeräte und Systemintegration müssen dabei in Einklang gebracht werden, um den maximalen Nutzen zu erzielen.
