TGA: Grundsätze der Prüfung
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TGA – Grundsätze der Prüfungen
Die Technische Gebäudeausrüstung (TGA) nimmt in jedem Bauvorhaben eine zentrale Rolle ein, da sie maßgeblich zum reibungslosen, sicheren und energieeffizienten Betrieb eines Gebäudes beiträgt. Um diese Ziele zu erreichen, sind kontrollierte, koordinierte und dokumentierte Prüf- und Inbetriebnahmeverfahren notwendig. Die technischen und regelungstechnischen Prüfungen der TGA stellen sicher, dass die Anlagen nicht nur formal abgenommen, sondern auch tatsächlich betriebsbereit, sicher und energieeffizient sind. Der IAÜ-Prozess nach VDI 6039 bietet hierfür einen bewährten Rahmen, indem er sämtliche Phasen von der Planung über die Inbetriebnahme bis zur Übergabe und dem laufenden Betrieb systematisch abbildet.
Die vollständige Dokumentation, eine klare Rollen- und Aufgabenverteilung sowie die Berücksichtigung behördlicher Vorgaben und Normen sind dabei entscheidende Erfolgsfaktoren. Ergänzend sorgen Schulungen, Wartungs- und Servicekonzepte sowie funktionale Performance Tests für eine dauerhaft hohe Betriebssicherheit und Wirtschaftlichkeit. Die TGA-Prüfungen sind somit mehr als ein formaler Akt – sie sind integraler Bestandteil eines qualitätsgesicherten Bauprozesses und bilden die Grundlage für einen nachhaltigen, sicheren und störungsfreien Gebäudebetrieb.
IAÜ-Prozess (Inbetriebnahme–Abnahme–Übergabe)
Im Systemablauf ist bei der TGA auf einen kontrollierten, koordinierten, dokumentierten und systematischen Ablauf zu achten. Die Vorgaben aus der Nutzeranforderung zum Inbetriebnahmemanagement und zur Qualitätssicherung sind einzuhalten.
Inbetriebnahmephase
Von der Erstinbetriebnahme bis zum stabilen Grundbetrieb.
Erste Funktionstests und grundlegende Sicherheitsprüfungen werden durchgeführt.
Einregulierungsphase
Systematische Einregulierung aller Anlagen, Einbauten und Systeme (z.B. Luftvolumenströme, Heiz-/Kühllasten, Drücke).
Feinjustierung der Parameter zur Erreichung optimaler Betriebsbedingungen.
Testphase
Funktionale Betriebs- und Datenpunkttests: Überprüfung aller einzelnen und vernetzten Funktionen.
Prüfen der gewerkeübergreifenden Zusammenhänge (z.B. HLK und Gebäudeleittechnik, Brandschutz).
Prüfungsphase
Wertung der Einbauten und Wirkprinzipien (z.B. Brandschutz, Hygiene, Sachverständigenprüfungen nach SPrüfV).
Abschluss relevanter Sicherheits- und Hygieneprüfungen.
Nachweisphase
Nachweis des störungsfreien und konformen Anlagenbetriebs.
Dokumentation aller Mess- und Prüfergebnisse.
Abnahmephase
Übergabe der Revisionsunterlagen an den Auftraggeber (AG).
Formelle Abnahme unter Einbeziehung evtl. vorhandener Restmängel.
Übergabephase
Übergabe der geschuldeten Grundvertragsleistung (einschließlich vollständiger Dokumentation) an den AG.
Offizieller Betriebsübergang an den Betreiber.
Anschlussphase
Koordinierte Anbindung und Inbetriebsetzung von Leistungen, die vom AG oder Dritten stammen (z.B. externe Systeme, Schnittstellen).
Abstimmung aller Schnittstellen, um einen störungsfreien Gesamtsystembetrieb zu gewährleisten.
Terminplanung
Der IAÜ-Prozess ist frühzeitig in die Terminplanung aufzunehmen, um ausreichend Zeit für alle erforderlichen Prüfungen und Nacharbeiten zu schaffen.
Sämtliche Vorleistungen und Zustandsbedingungen (z.B. Roh-/Feinreinigung, vorbereitende Montagearbeiten) sind in der Terminablaufplanung durch den Anlagenerrichter zu berücksichtigen.
Eventuelle Zwischenzeiten für Korrekturen und Mängelbeseitigungen sollten einkalkuliert werden, damit es nicht zu Verzögerungen im Gesamtprojekt kommt.
Rollen, Verantwortlichkeiten und Schnittstellen
Eine klare Benennung der Projektrollen (z.B. Anlagenerrichter, Fachplaner TGA, Bauleitung, Betreiber, externe Sachverständige) ist für einen reibungslosen Ablauf essenziell.
Die Schnittstellen zwischen verschiedenen Gewerken und externen Beteiligten (z.B. Behörden, Netzbetreiber, Drittanbieter) müssen eindeutig geklärt sein, um Terminüberschneidungen und Verantwortungsunklarheiten zu vermeiden.
Technische Prüfungen der TGA
Der Anlagenerrichter hat für alle Gewerke Nachweise über die ausgeführten Anlagen und Anlagenteile zu erbringen und in Einregulierungsprotokollen bzw. Messprotokollen Soll- und Ist-Werte zu dokumentieren.
Folgende Prüfungen können (je nach Gewerk und Projekt) gefordert sein:
Grundleitungsprüfung (z.B. Abwasser, Regenwasser)
Anschlüsse an öffentliche und nicht öffentliche Versorgungsleitungen sowie Bestandsanschlüsse
Dichtheitsprüfungen und Leitungsspülungen (z.B. Trinkwasser, Heizungsrohre)
Brandschutzabschottungen (Überprüfung der Durchführungen, Dokumentation)
Volumenstromreglereinstellung, Strangabgleich, Pumpen- und Ventileinstellungen
Regelverhalten (Heizkurven, Lufttemperatur, Druckhaltung etc.)
Störmeldungen (Test der Prioritäten, Weiterleitung an Gebäudeleittechnik)
Raumströmungen, Kanalströmungen (Geschwindigkeiten, Volumenströme)
Ein-/Auslässe für RLT-Anlagen (Volumenstrom je Auslass)
4-Leiter- sowie 2-Leiter-Systeme (Funktionsbestätigung für Heizen/Kühlen, Umschaltfunktionen)
Rauchproben für die Luftverteilung (pro Raum nach Luftvolumen; Nachweis gesamt, nicht nur punktuell)
Datenpunkttests inkl. Funktions- und Wirkprüfung (Gebäudeleittechnik, MSR-Systeme)
Spannungs- und Leistungsmessungen (Elektroversorgung)
Ausleuchtungsbetrachtungen (z.B. WLAN, BOS-Funk, Rettungswegbeleuchtung)
Behördenauflagen und rechtliche Vorgaben
Bei sicherheitsrelevanten Anlagen (z.B. Brandmeldeanlagen, Aufzüge, Sprinkler) können Behördenabnahmen oder Prüfungen durch zugelassene Sachverständige (z.B. TÜV) erforderlich sein.
Wiederkehrende Prüfungen (z.B. Trinkwasserhygiene, Druckbehälter, Aufzüge) nach BetrSichV, TrinkwV oder anderen Vorschriften müssen im laufenden Betrieb berücksichtigt werden.
Relevante Normen und Richtlinien (z.B. DIN, EN, VDI, DGUV) sind in den Prüfungen zu berücksichtigen.
Regelungstechnische Prüfungen der TGA
Neben den rein technischen Parametern sind die regelungstechnischen Aspekte (Steuer-, Regel- und Überwachungsfunktionen) elementar, um einen sicheren und effizienten Betrieb zu gewährleisten.
Hierzu gehören:
Störmeldungen: Simulation und Test aller Störfälle, Prioritäten und Alarmwege
Datenpunkttests: Überprüfung aller Ein- und Ausgänge sowie die Kommunikation zwischen Feldgeräten, Automationsebene und Managementebene
Simulationen: Test relevanter Betriebszustände (z.B. Sommer-/Winterbetrieb, Teillast-/Volllast-Bedingungen)
Übergreifende Betrachtung verschiedener Gewerke (z.B. HLK, Brandschutz, MSR, Sicherheitsbeleuchtung, Zutrittskontrollen)
Doppelte Systemprüfung bei sicherheitsrelevanten Anlagen (z.B. Rauch- und Wärmeabzug, Sicherheitsstromkreis): Hierbei wird sowohl die Primär- als auch die Redundanzfunktion getestet.
Funktionale Performance Tests
Es empfiehlt sich, sogenannte Funktionale Performance Tests (FPT) durchzuführen, um die Gesamtleistung der Anlage unter realitätsnahen oder simulierten Bedingungen (z.B. künstliche Lasten) zu prüfen.
Witterungsunabhängige Tests können z.B. durch mobile Heiz- oder Kühlgeräte unterstützt werden, um die Umschaltung von Heizen auf Kühlen oder die Volllastfähigkeit auch außerhalb der jeweiligen Saison zu verifizieren.
Störmeldungen der TGA
Ein zentrales Element der regelungstechnischen Prüfung ist die Störmeldungsverwaltung. Der Anlagenerrichter hat je Gewerk eine Liste aller Einzel- und Sammelstörmeldungen zu erstellen. Diese wird mit dem Auftraggeber abgestimmt und in Prioritäten (1, 2 und 3) unterteilt.
Priorität 1 (höchste Stufe)
Sofortiges oder unverzügliches Handeln erforderlich.
Sehr kurze Reaktionszeit (idealerweise sofort).
Ohne Handlung sind Auswirkungen auf Funktionalität und Betriebsabläufe zu erwarten.
Priorität 2 (mittlere Stufe)
Kurzzeitiges Handeln erforderlich, spätestens am nächsten Arbeitstag.
Auswirkungen sind nicht unmittelbar betriebskritisch, können aber den Automatikbetrieb beeinträchtigen (Übergang auf Handbetrieb möglich).
Behebung für den ordnungsgemäßen Betrieb oder erneuten Automatikbetrieb notwendig.
Priorität 3 (niedrigste Stufe)
Mittelfristiges Handeln innerhalb einer Woche.
Geringe oder keine unmittelbaren Auswirkungen auf Funktionalität und Betriebsabläufe.
Behebung ist nicht dringend, sollte aber zeitnah erfolgen.
Einbeziehung Dritter
Fremdgewerke oder Anbindungen externer Systeme sind einzubeziehen, wenn sie in der TGA-Leittechnik aufgeschaltet sind (z.B. Brandmeldeanlage, Zutrittskontrollsysteme).
Auch wenn der Anlagenerrichter nicht für die Fremdanlage selbst verantwortlich ist, muss er deren Schnittstellen (Datenübertragung, Störmeldungen) koordinieren und dokumentieren.
Detaillierte Dokumentation
Für jede Phase des IAÜ-Prozesses sind die Prüfergebnisse, Messwerte und Abnahmen genau zu protokollieren.
Die Dokumentation muss mindestens enthalten:
Einregulierungsprotokolle mit Soll- und Ist-Werten
Mess- und Prüfprotokolle (inkl. Datum, Ort, verantwortliche Personen, Messgeräte)
Abnahmeprotokolle (ggf. mit Sachverständigen)
Revisionsunterlagen (Schaltpläne, Strangschemata, Bestandspläne etc.)
Betriebs- und Wartungsanleitungen sowie ggf. Betriebshandbücher
Schulungsnachweise (siehe Kapitel 6.1)
Digitale Formate (z.B. BIM-Modelle), falls projektspezifisch gefordert.
Schulungen und Einweisungen
Betreiberschulungen: Vor Übergabe muss das Betreiberpersonal geschult werden (Bedienung, Wartung, Alarmkette bei Störmeldungen).
Die Schulungsinhalte und Teilnehmer werden in einem Abschlussprotokoll dokumentiert, ggf. mit Zertifikaten.
Gewährleistung und Wartung
Gewährleistungsfristen nach VOB/B oder BGB-Vertrag (in der Regel 2 bis 5 Jahre je nach Vertragsform).
Vorgehensweise bei Mängelbeseitigung (Fristen, Zuständigkeiten, Dokumentation).
Übergabe von Wartungsplänen und ggf. Abschluss von Serviceverträgen für Inspektion, Wartung und Instandhaltung.
Sicherheit und Arbeitsschutz
Einhaltung aller Arbeitsschutzvorschriften bei Druck- und Dichtheitsprüfungen, elektrischen Anlagen, Kältemittelsystemen etc.
Ggf. spezielle Unterweisungen für Prüfpersonal oder Betreiber (z.B. Arbeiten unter Spannung).
Einhaltung des Brandschutzkonzepts sowie Ausführung aller notwendigen Brandschotts und Meldeeinrichtungen.
Übergreifende Systembetrachtung (Brandfallmatrix, Notfallkonzepte)
Für sicherheitsrelevante Anlagen (z.B. Rauch- und Wärmeabzugsanlage, Aufzugssteuerung) wird oft eine Brandfallmatrix erstellt, in der alle Wechselwirkungen beschrieben sind. Diese ist im Rahmen der Prüfungen zu verifizieren.
Notfall- und Evakuierungskonzepte müssen auf die TGA abgestimmt sein (z.B. Entrauchung, Sicherheitsbeleuchtung, BOS-Funk).
Energieeffizienz und Nachhaltigkeit
Energieeffizienzbetrachtung: Nachweis oder Kontrolle, ob die Anlagen die geforderten Energiekennwerte einhalten (z.B. nach GEG, EnEV).
Monitoring: Einrichtung eines Systems zur Überwachung und Optimierung des Energieverbrauchs im laufenden Betrieb.
Zertifizierungen (DGNB, LEED, BREEAM): Bei Bedarf sind zusätzliche Nachweise (Raumluftqualität, Lichtverhältnisse, Heiz-/Kühllasten) erforderlich.